Ein Jahr nach dem Nord Stream-Anschlag

Vor einem Jahr, am 26.9. 2022 (genau ein Jahr nach der Bundestagswahl 2021), wurden die NordStream-Pipelines, die russische Gasfelder mit Deutschland verbinden, durch mehrere Explosionen zerstört. Dieser ungeheuerliche Terrorakt gegen die zivile Energieinfrastruktur trug dazu bei, einen enorm teuren Winter für Deutschland und Europa einzuläuten, nachdem die Energiepreise über mehrere Monate um eine Größenordnung gestiegen waren. Seitdem verlassen energieintensive Industrien Deutschland und verlagern Produktion, vor allem nach China und in die USA. Angesichts der Gesamtkosten von über hundert Milliarden Euro sollte man meinen, daß Berlin sich bemühen würde, schnell die Schuldigen zu finden, aber das Gegenteil ist der Fall. Die ganze Affäre wurde in strengste Geheimhaltung gehüllt.

In einem Artikel zum Jahrestag der Anschläge blickt der Enthüllungsjournalist Seymour Hersh auf die aufwendige Vertuschung zurück. Die Behauptung, die Russen hätten irgendwie unentdeckt in den von der NATO kontrollierten Gewässern operiert, ist ebenso absurd wie die deutsche Geschichte von einer Handvoll ukrainischer Amateure, die die hochraffinierten Anschläge verübt hätten. Hersh ist nach monatelangen Nachforschungen überzeugt, daß es eine Entscheidung der Regierung Biden war. Die Ergebnisse seiner Nachforschungen hatte er im Februar in seinem Artikel „Wie Amerika die Nord Stream-Pipeline ausschaltete“ vorgestellt (vgl. SAS 7, 8/23).

In seinem neuen Artikel erinnert Hersh daran, wie Präsident Biden am 7. Februar 2022 gedroht hatte: „Wenn Rußland [in die Ukraine] einmarschiert, wird es kein Nord Stream 2 mehr geben. Wir werden dem ein Ende setzen.“ Er sprach auf einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz, der kleinlaut hinzufügte: „Wir werden einheitlich und gemeinsam handeln.“ Einige Wochen später begann Putin die Militäroperation in der Ukraine, aber die Pipelines wurden erst sieben Monate später zerstört.

Hersh kommt zu dem Schluß, daß das eigentliche Angriffsziel nicht Rußland war, sondern Deutschland und Europa: „Die Biden-Administration sprengte die Pipelines, aber die Aktion hatte wenig damit zu tun, den Krieg in der Ukraine zu gewinnen oder zu beenden. Sie resultierte aus der Befürchtung im Weißen Haus, daß Deutschland wanken und den Fluß russischen Gases aufdrehen würde… Und so folgte die eigentliche Angst: daß Amerika seine langjährige Vormachtstellung in Westeuropa verlieren würde.“

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