Die im Westen propagierte Kriegswirtschaft: eine gefährliche Illusion

Plötzlich scheint den Genies in der Londoner City zu dämmern, daß es hilfreich sein könnte, eine industrielle Wirtschaft zu haben, wenn man einen Stellvertreterkrieg gegen Rußland führen will. Die transatlantischen Regierungen haben dies entweder noch nicht begriffen oder ziehen es vor, weiterhin leere Versprechungen zu machen.

So hat sich der derzeitige Frontmann der Kriegsfalken, Premierminister Boris Johnson, zum Wortführer der „heldenhaften“ Ukrainer gemacht, die für die strategischen Interessen Londons in den Tod gehen. Er behauptet nun, daß sie, gestützt auf die „eiserne Entschlossenheit“ einer vereinten NATO, Wladimir Putin besiegen werden, dessen „imperialer Plan zur totalen Rückeroberung der Ukraine entgleist ist“.

Johnsons Flucht nach vorn spiegelte sich in einer Botschaft des neuen britischen Armeechefs, General Sir Patrick Sanders, an seine Truppen wider, der sagte, es sei „ein dringendes Gebot [für das Vereinigte Königreich], eine Armee zu schmieden, die in der Lage ist, an der Seite unserer Verbündeten zu kämpfen und Rußland im Kampf zu besiegen… Wir sind die Generation, die die Armee darauf vorbereiten muß, wieder in Europa zu kämpfen.“

Aber ist Großbritannien auf ein solches Unterfangen vorbereitet? Zwei Berichte von Militärs, die davor warnen, daß die britische Wirtschaft für einen solchen Krieg unzureichend ist, verneinen das. In einem Artikel, der vom Royal United Service Institute (RUSI), einer führenden Denkfabrik für Verteidigungsfragen, veröffentlicht wurde, wies der amerikanische Oberstleutnant a.D. Alex Vershinin auf die rückläufige industrielle Wirtschaft im Westen hin, die zeige, daß der Westen im Gegensatz zu Rußland nicht über die industriellen Fähigkeiten verfüge, einen längeren Krieg zu führen. Sein Artikel mit dem Titel „Die Rückkehr der industriellen Kriegsführung“ kommt zu dem Schluß, daß „das demokratische Arsenal seinen Ansatz für die Produktion von Kriegsmaterial radikal verbessern muß“.

Seine Bedenken wurden von Admiral Sir Tony Radakin, dem Chef des Verteidigungsstabs, in einer Stellungnahme vor dem britischen Oberhaus aufgegriffen, in der er die Einschränkungen beklagte, die dem Militär durch den maroden Zustand der britischen Industriekapazitäten auferlegt werden.

Der Zusammenbruch der physischen Wirtschaft im größten Teil des Westens ist auf die Folgen der neoliberalen Wirtschaftspolitik der letzten fünfzig Jahre zurückzuführen, die durch das wissenschaftsfeindliche Dogma „grüner“ Ideologen und die utopische Militärpolitik der „Revolution in militärischen Angelegenheiten“ noch verschärft wurde. Bereits Anfang der 80er Jahre hat Lyndon LaRouche versucht, eine Kehrtwende anzustoßen, als er mit der Reagan-Regierung zusammenarbeitete, um mit der Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) die Gefahr eines Atomkrieges zu bannen.

In seinen Verhandlungen mit den Sowjets in den Jahren 1982-3 warnte er die sowjetischen Offiziellen, daß ihre Wirtschaft „in etwa fünf Jahren“ zusammenbrechen würde, wenn sie das Angebot von Präsident Reagan, die SDI gemeinsam zu nutzen und einzusetzen, ablehnten und sich statt dessen für eine Aufrüstung ohne den Einsatz der neuen Technologien zur Revolutionierung der Produktion entschieden. Zugleich warnte er den Westen immer wieder vor den katastrophalen Folgen seiner neoliberalen Wirtschaftspolitik.

Einige Strategen scheinen heute immer noch zu glauben, daß eine Kriegsaufrüstung die allgemeine wirtschaftliche Verschlechterung der letzten fünf Jahrzehnte überwinden kann. Das wäre ein verheerender Trugschluß. Was wir brauchen, ist eine neue globale Wirtschaftsarchitektur, die auf gegenseitigem Nutzen durch Zusammenarbeit zwischen souveränen Nationalstaaten beruht.

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