Brüssel versagt offenbar in jeder Hinsicht

Die offizielle Darstellung: Die EU ist nicht mehr vom russischen Gas abhängig, die EZB bekämpft aggressiv die Inflation, und die russische Wirtschaft bricht unter den EU-Sanktionen zusammen.

Die Realität ist: Die EU ist weiterhin von russischem Gas abhängig, die Inflation ist außer Kontrolle, und die russische Wirtschaft entwickelt sich besser als erwartet, während die EU-Wirtschaft abstürzt.

Energie. Wie das Magazin Money richtig feststellt, ist die Idee der „Unabhängigkeit“ vom russischen Gas eine „endlose Farce“. Die EU hat zwar ihre Pipeline-Importe von russischem Gas fast auf Null reduziert, aber sie kauft das gleiche Gas in verflüssigter Form (LNG) auf dem Spotmarkt. Das Wall Street Journal berichtete am 26.10., daß die Gasreserven der EU dank Schweizer Händlern, die das Gas zu Marktpreisen verkauften, mit russischem LNG gefüllt wurden!

Nach Angaben der EU-Kommission stiegen die Einfuhren von russischem LNG bis August um 41% gegenüber dem gleichen Zeitraum 2021. In den ersten acht Monaten des Jahres machte russisches LNG 17% der gesamten EU-Importe aus, während 45% auf die USA entfielen, und die Zahl wäre ohne den Mangel an verfügbaren LNG-Terminals in Europa noch höher. Dies ist einer der Gründe, warum Dutzende LNG-Tanker vor der spanischen Küste warten oder im Mittelmeer vor sich hin dümpeln. Der andere Grund ist laut Reuters-Quellen, daß sie darauf warten, daß die Gaspreise wieder steigen.

Die EU ist also nach wie vor auf russisches Gas angewiesen, aber sie zahlt jetzt viel mehr dafür!

Inflation. Vorläufige Eurostat-Daten zeigen, daß die Inflation im Oktober mit 10,7% im Jahresvergleich den höchsten jemals in der Eurozone registrierten Wert erreicht hat. In den beiden größten Industriewirtschaften, Deutschland und Italien, lag die Inflation mit 11,6% und 12,8% über dem Durchschnitt. In den kleinen baltischen Ländern lag sie über 20%, in Frankreich dank staatlicher Energiepreisdeckelung „nur“ bei 7,1%. Wie wir immer betont haben, ist die Hauptursache für die Inflation die jahrzehntelange Geldpolitik der Zentralbank. Als diese Liquidität von der Finanzwirtschaft auf die Rohstoffe überschwappte, wurde aus der Hyperinflation der Finanzanlagen eine Hyperinflation der Energiepreise.

Die Inflation jetzt mit geldpolitischen Maßnahmen zu bekämpfen, funktioniert nicht; gefordert ist dringendes staatliches Eingreifen auf den Energiemärkten. Die „Jumbo“-Zinserhöhung der EZB um 0,75 Punkte am 27.10. wird verpuffen. Schlimmer noch, sie wird inmitten eines Liquiditätsengpasses die Liquidität weiter verringern. Somit dürfte sich die britische Anleihekrise in größerem Ausmaß wiederholen, und die EZB wird dann umgehend massiv Liquidität nachschießen.

Sanktionen. Als die erste Runde von Sanktionen verhängt wurde, behauptete die EU, die russische Wirtschaft würde in ein paar Wochen oder Monaten, spätestens im Sommer, zusammenbrechen. Inzwischen sind wir beim achten Sanktionspaket angelangt, und der IWF und andere Finanzinstitutionen korrigieren die russischen BIP-Zahlen ständig nach oben und die europäischen nach unten. Was die Behauptung angeht, Rußland könne den Krieg nicht mehr finanzieren: Sein Leistungsbilanzüberschuß lag im ersten Halbjahr 2022 über 198 Mrd.$, ein historischer Rekord. Die Milliarden, die in die ukrainische Armee geflossen sind, haben den Krieg verlängert. Und die nun laufende Zerstörung der Infrastruktur des Landes hätte man vermeiden können, wenn die EU eine neutrale Position eingenommen und sich für eine Verhandlungslösung eingesetzt hätte.

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