Bleibt Scholz hart in der Frage der Taurus-Lieferung?

Der zweite Antrag der CDU-CSU-Opposition im Bundestag für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine wurde am 14.3. von der Regierungsmehrheit ebenso abgelehnt (292 zu 188) wie der erste Antrag vor weniger als einem Monat. Diesmal stimmten jedoch mehrere Abgeordnete der FDP und der Grünen, beides Koalitionspartner der SPD von Kanzler Scholz, mit der CDU-CSU. Angesichts wachsenden Drucks im In- und Ausland gegen sein kategorisches Nein zur Taurus-Lieferung mußte der Bundeskanzler wiederholt öffentlich bekräftigen, daß sich diese Haltung nicht ändern werde.

Aufgrund seiner verfassungsrechtlichen „Richtlinienkompetenz“ entscheidet Scholz als Kanzler in letzter Instanz über die Regierungspolitik. Aber das Ausscheren von Mitgliedern seiner Koalition ist symptomatisch für eine schwere Krise. Die Frage ist, wie lange der Kanzler noch durchhält, da die CDU wohl nicht lange warten wird, bis sie einen dritten Antrag stellt.

Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist gegen die Taurus-Lieferung, aber auch hohe Militärs opponieren. Kein Geringerer als der ranghöchste Offizier, der Generalinspekteur der Bundeswehr General Carsten Breuer, erklärte im Verteidigungsausschuß des Bundestages wenige Tage vor der Abstimmung, eine Abgabe der Waffen an die Ukraine wäre ein Sicherheitsrisiko für Deutschland. Die Sitzung war als „streng geheim“ deklariert, doch einige Details wurden dem Portal t-online zugespielt. Obwohl die Ausschußvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) Breuers Aussage kannte, behauptete sie danach weiter, die Experten sähen kein Risiko, und stimmte gegen Scholz.

Strack-Zimmermanns aggressive antirussische Haltung in der Parlamentsdebatte vor der Abstimmung veranlaßte den SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich zu scharfer Kritik an der FDP, weil sie Strack-Zimmermann auf die Rednerliste gesetzt hatte. Er ging noch einen Schritt weiter und erklärte, die Diskussion konzentriere sich zu sehr auf Waffen, anstatt darauf, wie man den Krieg erst einfrieren und dann beenden könne. Das ist nicht die Position von Scholz, der nur einen Tag später bei seinem Treffen mit dem französischen Präsidenten Macron und dem polnischen Ministerpräsidenten Tusk die Ukraine ermutigte, weiterzukämpfen, und mehr militärische Unterstützung versprach.

Einige fragen nun, ob Mützenich, der als starker Unterstützer des Kanzlers bekannt ist, sich möglicherweise auf eine Art inoffizielle Waffenstillstands-Diplomatie bezog. Solange sich in der Hinsicht nichts tut, bleibt für Deutschland die akute Gefahr, noch tiefer in den geopolitischen Sumpf der Ukraine hineingezogen zu werden. Wenn sich die Regierungskrise verschärft, könnte Scholz in der Taurus-Frage einlenken, nur um seine Kanzlerschaft zu retten. Aber die Russen haben wiederholt gewarnt, daß dies Deutschland zu einer offiziellen Kriegspartei machen würde, die sich möglicherweise Vergeltungsmaßnahmen aussetzt.

Print Friendly, PDF & Email