Beziehungen Rußland-NATO: Nie stand mehr auf dem Spiel
Diese Woche begann mit dem ersten einer ganzen Reihe von strategischen Gesprächen zwischen hochrangigen Vertretern der russischen Regierung und westlichen Mächten. Bedauerlicherweise, aber nicht so überraschend, gab es während und nach den USA-Rußland-Treffen in Genf am 10.–11.1. über die NATO-Osterweiterung und die Ukrainekrise anstelle der persönlichen Diplomatie zwischen den Präsidenten Biden und Putin, die Hoffnung auf einen ernsthaften Dialog gemacht hatte, arrogante Sprüche seitens der US-Vertreter – jedenfalls in ihren öffentlichen Erklärungen. Aber die Tatsache, daß die Diskussionen 7 Stunden dauerten, ist schon an sich eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen völligen Mangel an Gesprächen.
Der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price, erklärte am 10.1., die USA würden niemals erwägen, die Ukraine aus der NATO herauszuhalten, sie betrachteten die Gespräche „nicht einmal als Verhandlungen“. Es liege allein an Rußland, eine Deeskalation herbeizuführen, Zugeständnisse zu machen und der NATO zu erlauben, ihren langen Vormarsch mit Streitkräften und Raketen bis an Rußlands Grenzen zu vollenden. Andererseits erklärte die stellv. US-Außenministerin Wendy Sherman, die in Genf an den Gesprächen teilnahm, Washington sei bereit, über die Platzierung seiner Raketen in Europa und die Größe und Ausrichtung der NATO-Manöver auf dem Kontinent zu diskutieren.
Im Anschluß an die bilateralen Gespräche tritt der NATO-Rußland-Rat zusammen, am 13.1. findet ein Treffen zwischen einer russischen Delegation und OSZE-Vertretern statt. Beim derzeitigen Stand der Dinge erwartet niemand einen Durchbruch im Sinne einer Beilegung der Spannungen. Sofern Präsident Biden nicht erneut persönlich interveniert – was er sehr wohl tun könnte –, werden die von Rußland vorgeschlagenen Vereinbarungen in Form von zwei Verträgen wohl unverblümt und endgültig abgelehnt (vgl. SAS 51–52/21 und 01/22). Somit werden weitere Verlegungen von NATO-Truppen nach Osteuropa ebenso auf der Tagesordnung stehen wie eine Eskalation von Regimewechsel-Operationen und „Farbrevolutionen“, so wie jetzt gerade in Kasachstan. Letztere ist zwar vorerst gescheitert, aber die „Kriegspartei“ drängt weiter zu Provokationen, wie sie von der RAND Corporation vorgeschlagen wurden (s.u.).
Sollte es „nur“ zu einem konventionellen Konflikt in der Ukraine kommen, was eindeutig nicht die Absicht Moskaus ist, haben die NATO-Streitkräfte ohnehin kaum eine Chance. Doch was ist, wenn es zu einem vollständigen Abbruch der Beziehungen und unmittelbar zu einem harten Kalten Krieg kommt?
Rußland hat heute eine feste, immer weiter wachsende Partnerschaft mit China, der am schnellsten expandierenden und technisch fortschrittlichsten Volkswirtschaft der Welt mit dem größten Einfluß auf die Entwicklung in Afrika, Süd- und Ostasien. Wenn die USA sich entscheiden sollten, Rußland und China in einer Neuauflage des Kalten Krieges zu konfrontieren – indem sie sich ihnen im Weltraum entgegenstellen, ihren Export von Kernenergie in Drittländer bekämpfen, den Ausstieg aus der Kohleenergie fordern, Chinas Gürtel-und Straßen-Initiative und globale Armutsbekämpfung angreifen –, wen hätten sie dann auf ihrer Seite? Außer den Mächten des Britischen Empire, wie der globalen Finanzoligarchie, der London City und den verrückten „Dr. Seltsams“ wahrscheinlich nicht viele Verbündete. In der Tat erwachen immer mehr vernünftige Kräfte für die Gefahr, daß wir in einen Dritten Weltkrieg „schlafwandeln“.