Bedeutsame 72 Stunden in Johannesburg

Der BRICS-Gipfel, der vom 22.-24.8. im südafrikanischen Johannesburg stattfindet, ist ein strategischer Wendepunkt, auch wenn man das aus westlichen Mainstream-Medien nicht erfährt. Mit Vertretern aus über 40 Ländern und den Staats- und Regierungschefs der fünf Mitglieder der Gruppe (Wladimir Putin aus Sicherheitsgründen per Videoschaltung) wird er die rasch voranschreitende Abkehr von der „unipolaren Welt“ und ihrer „regelbasierten Ordnung“ konsolidieren (vgl. SAS 32, 33/23).

Es werden noch keine spektakulären Ankündigungen wirtschaftlicher oder politischer Art erwartet, aber die fünf Spitzenvertreter werden die entscheidenden Fragen der Gegenwart erörtern, auch mit ihren Gästen der „BRICS Plus“.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa nannte in einer Rede am 20.8. die wichtigsten Tagesordnungspunkte. Dazu gehören die Erweiterung der BRICS in der einen oder anderen Form (23 Länder haben die Mitgliedschaft formell beantragt), strikte Blockfreiheit, Stärkung der Rolle der Neuen Entwicklungsbank (NDB) sowie eine „Partnerschaft zwischen den BRICS und Afrika, damit unser Kontinent Möglichkeiten für mehr Handel, Investitionen und Infrastrukturentwicklung erschließen kann“.

Unmittelbar vor dem Gipfel empfing Ramaphosa Xi Jinping zu einem Staatsbesuch in Pretoria, dem zweiten des chinesischen Präsidenten, und beide äußerten ihre Zufriedenheit mit den bilateralen Beziehungen. Beide werden am Rande des Gipfels auch gemeinsam den Vorsitz des „China-Afrika Führungsdialogs“ führen.

Der russische Vertreter in Johannesburg, Außenminister Sergej Lawrow, nannte als wichtigste Themen die „Stärkung des Potentials der NDB und des BRICS-Reservefonds CRA, die Verbesserung der Zahlungsmechanismen und die Stärkung der Rolle der Landeswährungen bei der gegenseitigen Verrechnung“.

Indiens Außenminister Vinay Kwatra bestätigte das Interesse seines Landes an einer stärkeren Verwendung der Rupie im Handel und an der Erörterung der Kriterien für eine Erweiterung der BRICS. Delhi hat bereits Maßnahmen zur „Entdollarisierung“ seines Handels ergriffen.

Auch die brasilianische Regierung möchte, daß sich die BRICS mit der Erleichterung von Handel und Entwicklung zwischen den Nationen unter Umgehung des Dollars befassen. Brasiliens Sekretär für Asien und den Pazifik, Botschafter Eduardo Paes Saboia, hatte zuvor berichtet, die Verwendung lokaler Währungen für Transaktionen zwischen den BRICS und eine mögliche BRICS-Verrechnungseinheit stünden auf der Tagesordnung der Klausurtagung der Staatschefs. Ein wichtiger Vorschlag für die weitere Vorgehensweise kommt von dem brasilianischen Ökonomen Paulo Nogueira Batista, ehemaliger Vizepräsident der NDB (s.u.).

Die Präsidentin der BRICS-Bank, Dilma Rousseff, hat in Johannesburg ein volles Programm. In einem Interview mit CGTN am 19.8. erinnerte sie daran, daß die Gründung der NDB 2014 vereinbart wurde, während sie als Präsidentin Brasiliens Gastgeberin des BRICS-Gipfels in Fortaleza war. Die Infrastruktur sei der Schlüssel zur Entwicklung, und ihre Bank stehe bereit, Projekte aller Art zu finanzieren. Sie betonte, kein Land könne anderen ihr Gesellschaftssystem vorschreiben, da alle unterschiedliche Zivilisationen und eine unterschiedliche Geschichte haben.

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