Afghanistan: Mit der neuen Regierung zusammenarbeiten und Wirtschaftsprojekte umsetzen

Während im Westen weiter Hysterie über den „chaotischen“ Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan und die Übernahme des Landes durch die Taliban verbreitet wird, organisierte das Schiller-Institut am 21.8. eine rationale Diskussion darüber, was zu tun ist, unter dem Titel „Afghanistan -eine Chance für eine neue Epoche der Menschheit“. Drei Hauptthemen wurden während des Dialogs zwischen den Rednern immer wieder angesprochen: das Paradigma der „endlosen Kriege“ vollständig beenden; mit der neuen afghanischen Regierung reden, anstatt sie zu verteufeln; und so schnell wie möglich mit wirtschaftlichen Wiederaufbauprojekten beginnen.

Helga Zepp-LaRouche erklärte in ihrer Eröffnungsrede, die Geschehnisse in Afghanistan seien eine verheerende Niederlage für die Politik der endlosen Kriege und geopolitischen Spiele (mehr dazu unten). In der Tat unterstreichen die Ausraster des ehemaligen Premierministers Tony Blair und anderer britischer Vertreter, wie sehr der Abzug der US-Kräfte nach 20 Jahren Krieg und Zerstörung die Chance bietet, das „Meisterwerkzeug“ des Empire, die Geopolitik, abzuschaffen (s.u.).

Teilnehmer der Veranstaltung waren Oberstleutnant a.D. Ulrich Scholz, ein deutscher Militär- und Philosophieexperte, Pino Arlacchi, ehemaliger Leiter des UN-Büros für Drogenkontrolle (1997-2002) und heute Professor an der Universität Sassari in Italien; Hassan Daud aus Pakistan, Leiter der Investmentbehörde der Provinz Khyber Pakhtunkhwa; Ray McGovern, ehem. CIA-Analyst und Mitbegründer der Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS), und Nipa Banerjee, Professorin an der Universität Ottawa. Die Veranstaltung schloß an das hocherfolgreiche SI-Webinar vom 31.7. vor dem Abzug an, bei dem ein Überblick über Entwicklungschancen für Afghanistan und die Region gegeben wurde (vgl. SAS 31/21).

Arlacchi betonte, was wir jetzt nicht bräuchten, sei „Talibanologie“, d.h. Spekulationen aus der Ferne über die Absichten der Taliban. Viele andere stimmten zu und erklärten, die USA und Europa müßten mit anderen Großmächten wie Rußland, China und Indien sowie den unmittelbaren Nachbarn Afghanistans – Iran, Pakistan, zentralasiatische Staaten – bei humanitärer Hilfe und wirtschaftlichen Initiativen zusammenarbeiten. Zu der Frage, wie man die neue Taliban-Regierung beurteilen kann, sagte McGovern, man brauche einen ehrlichen Überwachungsprozeß vor Ort, z.B. durch die UN. Der vor einigen Jahren vom US-Kongreß eingesetzte Sonderinspekteur für afghanischen Wiederaufbau habe wahrheitsgetreu über die Aktivitäten der USA und der NATO in Afghanistan Buch geführt, was belege, daß die US-Regierung jahrelang bewußt über angeblichen „Fortschritte“ in Afghanistan gelogen hätten. Prof. Banerjee stimmte in diesem Punkt ausdrücklich zu. Diese Dokumente wurden 2019 von der Washington Post veröffentlicht, „das einzig Nützliche, was die Washington Post in den letzten 20 Jahren getan hat“, so McGovern.

Hassan Daud faßte die Hauptaspekte der wirtschaftlichen Entwicklung für die Region zusammen und merkte an: „Wenn die afghanische Regierung stark und stabil ist, kann sie China die Hand reichen“ und mit der Gürtel- und Straßen-Initiative sowie der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit zusammenarbeiten, in der sie Beobachterstatus hat.

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