Die US-Zwischenwahlen und der Zusammenbruch der „unipolaren Ordnung“

Vor den Wahlen am 8.11. war in den USA viel vom „Ende der Demokratie“ die Rede. Die Republikaner bezogen das auf die Zensur der Opposition gegen die Politik der Demokratischen Partei und auf angeblich verbreiteten Wahlbetrug der Demokraten in Großstädten. Die Demokraten bezogen es auf den Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021, der angeblich Ausdruck der undemokratischen oder sogar faschistischen Einstellung der Trump-Anhänger sei.

Nach Ansicht unserer amerikanischen Kollegen handelt es sich hier nicht nur um überbordende Rhetorik, sondern um parteipolitisches Gift, das bewußt in den Wahlprozeß hineingetragen wurde. Gräbt man jedoch tiefer, so stößt man auf etwas viel Problematischeres: die langfristige Wirkung einer mentalen Selbstzufriedenheit unter den Wählern, die in Verbindung mit Unkenntnis der Geschichte und der Realwirtschaft sowie dem ausgeklügelten „Hybridkrieg“ oder „Informationskrieg“ die Amerikaner unfähig gemacht hat, sich mit dem eigentlichen Problem auseinanderzusetzen, vor dem ihr Land steht.

Dieses Problem ist der Zusammenbruch der unipolaren Weltordnung, in der Amerika die „einzige Supermacht“ sein soll. Die Tatsache, daß diese unipolare Ordnung zusammenbricht und die Mehrheit der Welt sich auf eine neue strategische und finanzielle Architektur zubewegt, wurde in keinem der größeren Wahlkämpfe angesprochen. Die konzentrierten sich vor allem auf „Identitätspolitik“ und Polemik gegen Gegner nach engen parteipolitischen Interessen. Dies ist eine Art „lokale Geopolitik“ – Teilen und Herrschen -, wo die Wähler auf immer kleinere Gruppenbelange reduziert werden und alle anderen als „Bedrohung für unsere Lebensweise“ verteufeln.

Doch was diese Lebensweise wirklich bedroht – die Gefahr eines Atomkriegs zwischen den USA/NATO und Rußland sowie die Inflation und Verknappung von Energie und Nahrungsmitteln – wurde im Wahlkampf kaum erwähnt, mit Ausnahme der beiden unabhängigen LaRouche-Kampagnen von Diane Sare für den US-Senat in New York und Joel DeJean für den Kongreß in Texas. Obwohl in Umfragen 78% der Wähler unzufrieden mit der Regierungsarbeit und 58% gegen Präsident Biden sind, ist die vielzitierte „rote Welle“, der republikanische Erdrutschsieg ausgeblieben. Die Stimmen sind noch nicht vollständig ausgezählt, voraussichtlich werden die Republikaner eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus haben und die Demokraten die Kontrolle über den Senat behalten – aber keine der beiden Parteien hat einen Plan für die Nation. Damit wurde eine große Chance vertan, die amerikanischen Wähler in die reale Welt zu holen, wo eine neue Ordnung entsteht, welche die „regelbasierte Ordnung“ der USA/NATO ablehnt.

Die Schuld dafür wird zum Teil Trump zugeschoben, auch von vielen Republikanern. Weil er den Wahlkampf stur auf seine Person ausrichtete, konnten viele Kandidaten Bidens Kriegspolitik und gefährlich-verrückte „grüne“ Agenda kaum ansprechen. Das mag stimmen, aber die Ignoranz der US-Wähler gegenüber dem Informationskrieg, der gegen sie läuft, und gegenüber dem, was in der Welt geschieht, war sicherlich schon vor Donald Trump vorhanden.

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