Aussichten für internationalen Handel ohne das Dollar-basierte System

Chas Freeman gehört zu den erfahrensten US-Diplomaten. Er begleitete schon Präsident Richard Nixon bei seinem historischen Besuch in China vor 50 Jahren als Dolmetscher. In der letzten Ausgabe veröffentlichten wir aus einem Interview mit Mike Billington von EIR Auszüge zu außenpolitischen Themen. Daneben ging Freeman auch auf die Frage einer Alternative zum Dollar-dominierten Währungssystem ein und brachte dabei seine Kenntnisse als ehemaliger US-Botschafter in Saudi-Arabien ein.

Zu Helga Zepp-LaRouches Forderung nach einer Neuen Bretton-Woods-Konferenz zur Bewältigung der westlichen Finanzkrise sagte Freeman, die politischen Voraussetzungen dafür seien derzeit nicht gegeben, da Washington die traditionelle Diplomatie mißachte. Er betonte jedoch:

„Eine der Auswirkungen der Sanktionen und anderer Folgen des Ukraine-Krieges ist die faktische Umstrukturierung des globalen Finanzsystems. Fünf ASEAN-Länder haben sich inzwischen auf die direkte Abwicklung von Käufen über QR-Codes geeinigt. Der Iran und Rußland haben sich nicht nur auf Swaps geeinigt, sondern auch auf eine ähnliche Regelung für die Verwendung russischer Kreditkarten im Iran, wobei SWIFT, die vom Westen betriebene belgische Einrichtung, die normalerweise globale Transaktionen über den Dollar abwickelt, umgangen wird. In ähnlicher Weise sind die BRICS in der Endphase der Entwicklung einer länderübergreifenden Währung, die den Dollar für die Zwecke der Handelsabwicklung ersetzen soll. Und natürlich erweitern sie ihre Mitgliederzahl.

Was wir also sehen, ist eine Entwicklung hin zu bilateralen und plurilateralen Mechanismen zur Handelsabwicklung, die den Dollar vermeiden. Und es ist sehr wahrscheinlich, daß wir uns auf dem Weg in eine Zukunft befinden, in der der Dollar nicht mehr die annähernde Monopolstellung hat, die er bei der Handelsabwicklung innehat, sondern lediglich eine von vielen Währungen sein wird, in denen der Handel abgewickelt wird.

Ich möchte nur hinzufügen, daß sich die Frage, was eine Reservewährung ist und was nicht, eigentlich aus der Frage ableitet, in welcher Währung der Handel abgewickelt werden kann und in welcher nicht. Aber das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Man spricht über den Dollar als Reservewährung, aber das geht irgendwie am Thema vorbei. Die wahre Stärke des Dollars wird von Saudi-Arabien getragen, das 1974 zustimmte, den Weltenergiehandel in Dollar abzuwickeln, was die OPEC trotz der Einwände einiger Mitglieder wie Algerien und Iran widerwillig befolgt hat. Solange der Dollar die Rechnungseinheit für den Energiehandel und andere Rohstoffe ist, werden die Vereinigten Staaten ihr sog. exorbitantes Privileg behalten. Aber sobald die Saudis und andere anfangen, andere Währungen als den Dollar als Gegenleistung für ihre Rohstoffproduktion zu akzeptieren, wird der Dollar zusammenbrechen und wir werden eine massive Abwertung erleben, vergleichbar mit der 1971, als die USA den Goldstandard aufgaben und der Dollar nicht mehr gegen Gold eintauschbar war. Das ist ein Prozeß, der im Gange ist, und eine vernünftige Reaktion darauf wäre in der Tat eine Art internationale Anstrengung, um einen Übergang auszuhandeln. Aber ich sehe nicht die politische Basis dafür.“

Print Friendly, PDF & Email