Zahl der palästinensischen Opfer laut WHO über 100.000 gestiegen

Auf Antrag Algeriens hielt der UN-Sicherheitsrat am 31.1. eine Sondersitzung ab, um über die Durchsetzung der vorläufigen Maßnahmen zu beraten, die der Internationale Gerichtshof Israel auferlegt hat. Algeriens Resolutionsentwurf, der nicht veröffentlicht wurde, forderte laut Berichten einen sofortigen Waffenstillstand, doch die USA drohten für den Fall einer Abstimmung mit einem Veto.

Die Sondersitzung wurde vom UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten Martin Griffiths eröffnet, der detailliert die Verwüstungen im Gazastreifen beschrieb und die Wiederherstellung der Finanzierung des Palästinahilfswerks UNRWA, die Freilassung der Geiseln und einen Waffenstillstand forderte. (Selbst der britische Channel 4 und die Financial Times berichteten, daß das Dokument des israelischen Geheimdienstes, wonach einige UNRWA-Mitarbeiter an den Anschlägen vom 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen, „keine Beweise“ enthält).

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt die Gesamtzahl der palästinensischen Opfer – getötet, verletzt oder vermißt und vermutlich tot – auf über 100.000. Diese Zahl gab der WHO-Vertreter für Palästina, Dr. Rik Peeperkorn, am 2.2. bekannt. Er erklärte, daß in Gaza nur 13 der 36 Krankenhäuser und 13 der 73 Zentren für medizinische Grundversorgung teilweise funktionsfähig sind. Das allein bedeutet schon, daß die Zahl der Todesfälle mit Sicherheit weiter zunehmen wird.

Der Londoner Guardian veröffentlichte eine schockierende, gut dokumentierte Untersuchung über die Zerstörung von Gebäuden in Gaza, die zerstörten und beschädigten Gebiete wurden mit Satellitendaten identifiziert. „Ganze Gebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht, Felder eingeebnet und Gotteshäuser von der Landkarte getilgt“, heißt es in diesem Bericht. „Die Zerstörung hat nicht nur 1,9 Millionen Menschen gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, sondern auch vielen die Rückkehr unmöglich gemacht. Dies hat einige Experten dazu veranlaßt, die Geschehnisse im Gazastreifen als ,Domizid‘ zu bezeichnen, d.h. als die weitflächige vorsätzliche Zerstörung von Häusern, um sie unbewohnbar zu machen und die Rückkehr der Vertriebenen zu verhindern.“ Eine frühere UN-Satellitenstudie vom Dezember hat ergeben, daß 39% aller landwirtschaftlichen Flächen in Gaza betroffen sind.

Die Zerstörung wird aber noch tödlicher und langfristiger sein, wenn die israelischen Streitkräfte (IDF) ihren Plan umsetzen, das Tunnelsystem in Gaza mit Meerwasser zu fluten. Die IDF bestätigten am 30.1., daß die Flutungsoperation begonnen hat, wofür sie „neue Möglichkeiten“ nutzen würden. Hydrologen warnen, daß dadurch die Grundwasserleiter bis zu 100 Jahre verseucht werden und bis zu 85% der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Wasser haben werden.

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