Welthandel zeigt die Verlagerung weg von der Transatlantik-Region

Der Konflikt in der Ukraine, zusätzlich zu den weltweiten Störungen durch die COVID-Pandemie, trägt zu einer zunehmenden Verlagerung der Handelsströme bei, die im Einklang mit der entstehenden neuen Wirtschaftsordnung steht.

Neuausrichtung in Eurasien. Die Exporte aus Asien in die USA sanken im Oktober 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 11%. Wie aus Daten von CNBC hervorgeht, schrumpften die US-Aufträge nach China im verarbeitenden Gewerbe im November um 40%, ein noch stärkerer Rückgang als im Oktober und September. Dies wiederum stellt die Seefrachtunternehmen vor große Probleme. Von August bis November verringerten sich die Einfuhren aus China in die USA um 21% monatlich.

Gleichzeitig nimmt Chinas Bahnfrachtverkehr mit Rußland über die Eurasische Landbrücke stark zu, ebenso wie der Seehandel zwischen Rußland und China sowie zwischen Rußland und Indien. Chinas jährlicher Handel mit den Ländern des Golf-Kooperationsrates und dem Iran umfaßt fast 250 Mrd.$, viermal soviel wie der US-Handel mit diesen Ländern. Chinas Warenhandel mit Afrika ist mehr als doppelt so groß wie der der USA.

Der transatlantische Handel nahm hingegen 2022 zu. Einfuhren aus Europa in die USA stiegen seit März um etwa 25%, und die US-Exporte nach Europa haben ein Rekordniveau erreicht, vor allem durch Erdöl und Flüssiggas.

Der illusorische EU-Preisdeckel für russisches Öl. Die EU und alle G7-Staaten haben sich darauf geeinigt, den Preis für russische Ölimporte ab Anfang Dezember auf 60$ pro Barrel zu begrenzen. Der wichtigste Hebel soll dabei sein, daß jeder Schiffseigner oder Charterer, der russisches Öl transportieren will, belegen muß, daß es nicht über dem Höchstpreis verkauft wird.

Doch die russischen Produzenten haben vorerst andere Abnehmer gefunden. Laut einem Bericht von Bloomberg vom 9.12. kaufen einige unabhängige chinesische Raffinerien Ladungen russischen ESPO-Rohöls auf, die im Januar geliefert werden sollen. Am 8.12. „wurde der Exportpreis für die Hauptsorte aus dem Fernen Osten mit 67,11$ pro Barrel angegeben“. ESPO ist in Ostsibirien gefördertes Öl, das über die 4200 km lange Ostsibirien-Pazifik-Pipeline zum Pazifischen Ozean transportiert und von dort in asiatische Länder exportiert wird.

Das Datenunternehmen Kpler berichtet, daß China im November 2022 1 Mio. Barrel täglich aus Rußland importierte, Indien 0,9 Mio. Barrel. Allein die vermehrten Käufe Indiens und Chinas gleichen mehr als 40% des Öls aus, das Rußland an die 27 EU-Länder verkauft hat. Auch mehrere andere Länder importieren russisches Öl, zum Teil, weil sie Rabatte erhalten.

Wenn westliche Sanktionen nach hinten losgehen… Eine Studie der belgischen Wirtschafts-Denkfabrik Bruegel vom Oktober zeigt, daß die wirtschaftlichen Repressalien gegen Rußland nach neuneinhalb Monaten kaum Wirkung zeigen. Im Frühjahr wurde noch prognostiziert, daß infolge der Sanktionen das russische BIP 2022 um mindestens 7-8% (evtl. sogar 11%) sinken und die Preise um 20-25% steigen würden. Für ausländische Direktinvestitionen wurde ein Rückgang von 25-28% prognostiziert.

Der Radiosender NPR berichtet über die Studie: „Rußland ist aber nicht in die Knie gezwungen worden. Weit gefehlt: Nach den Prognosen wird das BIP 2022 schrumpfen, aber wahrscheinlich nur um 3,3-3,4%. Die Inflation wird bis zum Jahresende wahrscheinlich bei etwa 12% liegen: schlecht, aber nicht annähernd so schmerzhaft wie vorhergesagt. Und die ausländischen Direktinvestitionen? Schätzungen zufolge werden sie um lediglich 1% zurückgehen.“

Allerdings gibt es auch einen negativen Effekt in dem wichtigen Bereich von Maschinen und Anlagen, mechanischen Geräten, Kesseln, elektrischen Ausrüstungen, chemischen Produkten, Flugzeugbau usw. Doch diese Importe sind stark zurückgegangen, was bedeutet, daß Rußland neben China neue Quellen für die Einfuhr solcher Maschinen finden und gleichzeitig seine eigene Industrie ausbauen muß.

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