Waffenruhe in Syrien hält, aber die Gefahr bleibt ernst

Die von Rußland und den USA organisierte Waffenruhe in Syrien dauert jetzt eine gute Woche an und wird, von kleinen Ausnahmen abgesehen, eingehalten. Die Stimmung wandelt sich, selbst einige eingefleischte Kritiker des syrischen Präsidenten Assad geben nun zu, daß mit der Waffenruhe nach fünf Jahren Krieg die Möglichkeit eines Friedensabkommens besteht.

Der russische Präsident Putin konferierte am 4.3. mit führenden europäischen Vertretern der Internationalen Syrien-Unterstützergruppe (Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien), und man war sich einig, daß die Waffenruhe hält und in vielen Landesteilen humanitäre Hilfe die Zivilbevölkerung erreicht. UN-Vertreter, darunter Generalsekretär Ban Ki-Moon und der Syrien-Sondergesandte Staffan de Mistura, erklärten, das Umfeld sei nun reif für die am 9.3. geplante Wiederaufnahme der Friedensgespräche.

Von Saudi-Arabien unterstützte Rebellen behaupten, syrische und russische Streitkräfte würden die Waffenruhe eklatant brechen, liefern aber keine Beweise für diese Behauptung. Sie ist höchstens in dem Sinn wahr, daß viele dieser saudisch gestützten Rebellen mit der Nusra-Front (Al-Kaida) eine Einheit bilden – diese ist laut dem Abkommen zwischen der syrischen Regierung und der Mehrheit der Rebellengruppen von der Waffenruhe ausgenommen und wird weiter von syrisch-russischen Kräften bekämpft.

Allerdings gibt es einen unberechenbaren Faktor, der die Waffenruhe und die Chancen auf einen dauerhaften Frieden und Reformen gefährdet: die Türkei. Die türkische Armee nimmt weiter kurdische Einheiten der YPG unter Beschuß, die im Nordosten Syriens gegen ISIS und Nusra kämpfen. Zahlreiche Medienberichte besagen zudem, daß bewaffnete Rebellen aus der Türkei nach Nordsyrien einreisen, um sich Nusra und ISIS anzuschließen.

Präsident Recep Erdogan, der Möchtegern-Sultan, isoliert sich durch sein illegales Vorgehen gegen Oppositionsgruppen immer mehr von europäischen und arabischen Regierungen wie auch den USA. Das jüngste Opfer war die weitverbreitete Oppositionszeitung Zaman, die per Gerichtsbeschluß und unter brutalem Polizeieinsatz gleichgeschaltet wurde.

Angesichts der Fortschritte hin zu einer Lösung in Syrien sollte man unbedingt andere Brennpunkte genau im Auge behalten, da Obama und die Briten dort die Konfrontation mit Rußland und China wieder anheizen könnten.

Zum erstenmal seit längerer Zeit traf sich die Normandie-Gruppe, um eine Durchsetzung des Minsker Abkommens für die Ukraine voranzutreiben. Die Regierung in Kiew weigert sich, durch ein neues Wahlgesetz dem Donbaß mehr Autonomie zu gewähren. Der Außenminister, der an den Gesprächen teilnahm, bestand darauf, die Gesetze erst zu ändern, wenn die ukrainischen Behörden die gesamte Grenze zu Rußland unter ihrer Kontrolle haben.

Auch Nordostasien ist ein Pulverfaß, seit Nordkorea erneut eine Kernwaffe getestet und einen Satelliten ins All geschossen hat, was die USA und andere westliche Staaten als verdeckten Test einer Interkontinentalrakete verurteilten (s. SAS 9/16).

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