Schweden bekommt eine neue Regierung, aber was ist mit einer neuen Politik?

Am Montag begann der Vorsitzende der konservativen Moderaten Partei, Ulf Kristersson, mit Sondierungsgesprächen für eine Mitte-Rechts-Regierung, nachdem die Opposition bei der Parlamentswahl eine hauchdünne Mehrheit von zwei Sitzen errungen hatte und die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson am 15.9. zurücktreten mußte. Eine Regierung Kristersson würde von den nationalistischen Schwedendemokraten sowie den kleinen christdemokratischen und liberalen Parteien unterstützt werden.

Trotz des breiten Protestvotums gegen das neoliberale Paradigma, das den Schwedendemokraten 20% einbrachte, mehr als den Moderaten, sind von einer solchen Regierung keine größeren Veränderungen zu erwarten. Das schwedische Establishment hat weiterhin eine solide Kontrolle, um die geopolitische Agenda zur Unterstützung der NATO voranzutreiben. Die Medien sind inzwischen fast schon kriegsähnlich gleichgeschaltet, endlose emotionsgeladene Berichte schüren Unterstützung für den Krieg gegen Rußland.

Ähnlich wie die selbstmörderisch radikalen baltischen Staaten unterstützt auch Schweden töricht die Eskalation hin zum Weltkrieg. Die Streitkräfte handeln im Rahmen existierender umfassender Partnerschafts- und Gastlandabkommen so, als wäre das Land schon in der NATO. So gab es bereits zahlreiche gemeinsame Einsätze, insbesondere in Afghanistan.

Nun ist es die Türkei, die Schwedens NATO-Mitgliedschaft verzögert. Präsident Erdogan sandte eine „ermutigende“ Botschaft an den designierten Ministerpräsidenten Kristersson und erinnerte ihn an Ankaras Bedingungen für Schwedens Beitritt zum Bündnis – allem voran die Ausweisung der dort lebenden kurdischen Politiker. Aber nicht einmal die fremdenfeindlichen Schwedendemokraten wären in der Lage, diese Bedingung zu erfüllen, was bedeutet, daß der Beitritt Schwedens und Finnlands wahrscheinlich verschoben wird, bis es in der Türkei zu einer Wende kommt.

Es wird erwartet, daß die neue Regierung die Kernenergie fördert, aber da sie auch einen neoliberalen Strommarkt befürwortet, werden die Preise nicht sinken, weil der zusätzliche Strom nach Deutschland verkauft wird. Gleichzeitig läuft die Rettungsaktion für das Finanzsystem weiter, die am 5.9. mit einer Liquiditätsgarantie für die Versorgungsunternehmen in Höhe von 25 Mrd.€ begonnen hatte.

Schließlich ist noch anzumerken, daß Ministerpräsidentin Andersson bei ihrem Rücktritt davon sprach, sich die Tür für die Bildung einer neuen Koalitionsregierung offenzuhalten. Damit besteht weiter die Option einer Großen Koalition, um die „unverantwortlichen“ Schwedendemokraten von der Macht fernzuhalten, insbesondere wenn sich der Krieg mit Rußland ausweitet und eine Kriegskoalition erforderlich macht. Eine solche synarchistische Regierung einzudämmen, wäre schwer, aber nicht unmöglich, wenn man bedenkt, wie sich die Revolte der Bevölkerung gegen steigende Treibstoffpreise und wirtschaftliche Austerität im Wahlergebnis widerspiegelt.

Print Friendly, PDF & Email