Schäubles „schwarze Null“ zunehmend unter Attacke

Bundeskanzlerin Angela Merkels Flüchtlingspolitik erzwingt endlich eine überfällige Debatte über die sog. „schwarze Null“, die Finanzminister Wolfgang Schäuble mit geradezu religiösem Eifer verteidigt. Schon als Schäuble, unterstützt von der Troika (EU, EZB, IWF), südeuropäischen Ländern und besonders Griechenland mörderische Austerität aufzwang, wurde dies weithin kritisiert, doch erst durch die großen Flüchtlingswellen der letzten Monaten und die alarmierende Zunahme der Ausländerfeindlichkeit fand die Debatte über die Unhaltbarkeit dieser Politik ihren Weg in die Medien.

Nachdem Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) öffentlich mehr Sozialausgaben gefordert hatte (s. SAS 9/16), erklärte einer der stellv. Parteivorsitzenden, Thorsten Schäfer-Gümbel, am 1.3. im Deutschlandfunk, es sei inakzeptabel, den Geringverdienern nicht zu helfen, nur um für Schäubles schwarze Null ein höheres Defizit zu vermeiden.

Aber nicht nur SPD-Politiker kritisieren – vielleicht mit Blick auf anstehende Landtagswahlen – die schwarze Null, sondern auch mehrere Ökonomen im Spiegel, u.a. der langjährige frühere Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar. Sie schlagen vor, daß die Regierung Kredite für einen neuen Sonderfonds zur Flüchtlingsintegration aufnimmt und den Haushaltsüberschuß 2015 von 12 Mrd.€ in einen neuen Sonderfonds für Beschäftigung investiert. Die Schulden des neuen Fonds von etwa 25 Mrd.€ oder mehr könnten über 30 Jahre aus den Steuereinnahmen durch die neu geschaffenen Arbeitsplätze beglichen werden.

Die große Boulevardzeitung Bild beschrieb am 1.3. in einem prominenten Beitrag den dramatischen Rückstand an öffentlichen Investitionen in der Infrastruktur, der sich oft schon über Jahre aufstaut: personelle und materielle Ausstattung der Polizei, Bau und Instandhaltung von Schulen, Kindertagesstätten und Krankenhäusern, moderne Krankenwagen, Instandhaltung von Straßen, Autobahnen und Brücken, Forschung und Entwicklung. Immer mehr Wähler wendeten sich von den etablierten Parteien ab, weil sie das Gefühl hätten, daß die Politiker ihre Sorgen und Interessen nicht ernst nehmen. Die Botschaft ist eindeutig: Die Politik der schwarzen Null muß weg.

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