Rußland bemüht sich um Stabilisierung Libyens

Der nächste Testfall für russisch-amerikanische Zusammenarbeit wird die Stabilisierung Libyens sein. Gegenwärtig ist das Land gespalten, im Osten (Kyrenaika) herrscht Armeechef Khalifa Haftar, im Westen (Tripolitanien) regiert nominell Ministerpräsident Fayes Al-Serradsch, faktisch herrschen dort jedoch lokale Kriegsherren, die mit den Muslimbrüdern und Dschihadistenmilizen verbunden sind und jegliche nationalen Strukturen ablehnen.

Doch ohne eine zentrale Autorität mit Streitkräften und Polizei läßt sich Libyen nicht stabilisieren. Gen. Haftar ist dafür gegenwärtig der geeignetste Kandidat, und er genießt die Rückendeckung Ägyptens und Rußlands. Er hat aber auch lange in den USA gelebt und unterhält dort Verbindungen zu Militär- und Geheimdienstkreisen.

Das Wall Street Journal zitierte am 2.3. russische Quellen, es gebe Gespräche zwischen russischen und US-Vertretern über die Zukunft Libyens, insbesondere über Haftars Rolle und über den Kampf gegen den Islamischen Staat. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, dementierte dies allerdings.

Rußland bemüht sich systematisch um Wirtschaftsabkommen, die allen Beteiligten einer potentiellen Einigung in dem Land zugute kämen: Ägypten, Türkei und Katar (die Einfluß auf die lokalen Herrscher in Tripolitanien haben), Italien und natürlich die beiden libyschen Fraktionen um Sarradsch und Haftar.

Der russische Ölkonzern Rosneft organisierte dazu in den letzten Monaten

  • ein Abkommen mit dem staatlichen libyschen Ölkonzern NOC (21.2.) über Wiederaufbau und Ausbau der NOC-Kapazitäten und den Kauf libyschen Öls;
  • den Kauf von 30% Anteilen am ägyptischen Gasfeld Zohr (Shorouk), dem größten bisher im Mittelmeer entdeckten Vorkommen, von der italienischen ENI, die das Feld gefunden und 90% daran gehalten hatte;
  • den Verkauf von 19% dieser Anteile an Glencore und den Staatsfonds von Katar, abgewickelt über die Moskauer Tochter der italienischen Banca Intesa.

Letzteres wurde von Sprachrohren der Londoner City wie Reuters und der Financial Times (FT) als „geopolitischer Trick“ attackiert. Die Briten unterstellen, daß der Kredit der Banca Intesa über 5,2 Mrd.$ an das Joint Venture von Glencore und Katar eine Scheinprivatisierung war und der Großteil des Geldes von der russischen VTB Bank kam. Die FT behauptete sogar, die italienischen Behörden ermittelten zu dem Geschäft, aber Intesa dementierte dies.

Gleichzeitig hat Rosneft gute Geschäftsbeziehungen zum Ölkonzern ExxonMobil aufgebaut, dem bis vor kurzem der heutige US-Außenminister Rex Tillerson vorstand.

Ägypten, die wichtigste Regionalmacht, die sehr an der Stabilisierung Libyens interessiert ist, hat seit der Machtübernahme von Präsident Al-Sisi das Verhältnis zu Rußland verbessert. Anfang März besuchte eine Delegation des russischen Industrie- und Handelsministeriums zwei Tage lang Kairo, um über eine russische Industriezone in der neuen Wirtschaftssonderzone am Suezkanal zu verhandeln. Der Vorschlag geht auf Präsident Putins Ägyptenbesuch 2015 zurück.

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