Ruhanis Europareise birgt enormes politisches und wirtschaftliches Potential

Der erste Staatsbesuch des iranischen Präsidenten Ruhani in Europa nach der Aufhebung der Sanktionen macht deutlich, welche positive Rolle Teheran spielen kann – sowohl im Kampf gegen den terroristischen Islamischen Staat als auch als Drehscheibe im Projekt der Neuen Seidenstraße, wie Chinas Präsident Xi Jinping betont hat.

Ruhani wählte als Geste der Freundschaft und aufgrund strategischer Erwägungen Rom und Paris für seinen historischen Besuch aus. Mit beiden Ländern wurden Wirtschaftsabkommen über insgesamt mehr als 50 Mrd.€ geschlossen.

In Rom sagte Ruhani, er habe sich für Italien als erstes Ziel entschieden, weil „Italien besonders wichtige Bedeutung hat. Wir haben eine gute Geschichte der Zusammenarbeit mit Ihnen, und die Iraner kennen Italien und Ihre Arbeit – sie vertrauen den Italienern.“ Die Beziehungen zwischen beiden Ländern hätten nicht nur bilaterale Bedeutung, sondern könnten zu Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten, dem Mittelmeerraum und Nordafrika beitragen.

Ruhani schlug vor: „Wir müssen eine Win-Win-Zusammenarbeit in der Wirtschaft beginnen. Unter den gegenwärtigen regionalen Bedingungen ist der Iran das sicherste und stabilste Land in der ganzen Region.“

Italiens Außenminister Paolo Gentiloni erinnerte an die Vorreiterrolle des Industriellen und Politikers Enrico Mattei im Verhältnis zum Iran. 1957 schloß der Iran als erstes Ölförderland einen Vertrag mit einem Unternehmen, nämlich Matteis ENI, das nicht zum berüchtigten Ölkartell der „Sieben Schwestern“ gehörte. Mattei führte die Gewinnaufteilung 25:75 ein, wonach der Iran 75% und ENI 25% der Erlöse erhielt, während das anglo-holländisch-französische Kartell immer auf 50% bestanden hatte.

Während Ruhanis Aufenthalt wurden 13 Vorabkommen in den Bereichen Stahl, Infrastruktur, Energie und Schiffbau im Wert von 17 Mrd.€ geschlossen.

In Frankreich bleibt abzuwarten, ob die Regierung sich außenpolitisch umorientiert und vollständig in die Ära ohne Sanktionen eintritt. Ruhani rief zu einem neuen Verhältnis auf; man solle „alte und neuere Ressentiments vergessen“. Das war ein Hinweis auf das von Außenminister Laurent Fabius geprägte französische Bündnis mit Irans Erzfeinden in Saudi-Arabien und Israel.

Im Zuge des Besuches wurden 20 große Vereinbarungen geschlossen, allen voran das iranische Vorhaben, für 22,8 Mrd.€ 118 Airbus-Flugzeuge zu kaufen. Der Konzern PSA (Peugeot-Citroen) kündigte ein Gemeinschaftsprojekt mit dem iranischen Unternehmen Chodro im Automobilbau an. Vor den Sanktionen hatte PSA bis zu einem Drittel des iranischen Automobilmarkts beherrscht. Die Baukonzerne Bouygues und Vinci sowie der Pariser Flughafenbetreiber ADP werden drei Flughäfen im Iran bauen.

Hinzu kommen u.a. eine Vereinbarung mit Total über den Kauf von 150-200.000 Faß Rohöl täglich, die in Europa raffiniert werden sollen, sowie eine Vereinbarung der französischen Bahn SNCF mit den iranischen Eisenbahnen.

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