Politische Repression in der Ukraine: der Fall von Witrenkos PSPU

Eine der feindseligen Handlungen gegen Rußland zum Ende der Regierung Obama war der Besuch von Vizepräsident Joe Biden in Kiew am 16.1., wo dieser erklärte: „Die internationale Gemeinschaft muß weiter einhellig gegen russische Erpressung und Aggression stehen.“ Obama und Biden haben den Putsch gegen den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch vom Februar 2014 bekanntlich von Anfang an unterstützt.

Der heutige Präsident Poroschenko pries seine angeblichen Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung und Stärkung demokratischer Werte, aber die Wirklichkeit spricht eine andere Sprache. Es herrscht massive Repression gegen Oppositionsgruppen, darunter die Progressive Sozialistische Partei der Ukraine (PSPU) unter Führung der Ökonomin Natalja Witrenko, die dem Schiller-Institut nahesteht. Wie wir berichteten, wurden am 28.10. 2016 die angemieteten Büroräume der PSPU in Kiew von paramilitärischen Kräften besetzt. Ihr nomineller Auftraggeber war ein gewisser Andrej Schatilin, der behauptet, das Gebäude gehöre ihm und nicht dem gegenwärtigen Vermieter, aber sämtliche Gegenstände aus den Büroräumen – Eigentum der PSPU, ihrer Zeitung und befreundeter Organisationen – wurden an dem Wochenende vom ukrainischen Geheimdienst SBU beschlagnahmt.

Seither wurden weder die Räumlichkeiten noch die Besitztümer zurückgegeben, obwohl darunter offensichtlich private Gegenstände wie Witrenkos Fachliteratur und Familiendokumente waren. Es gibt in der Ukraine zahlreiche Fälle abstruser „Razzien“ paramilitärischer Kräfte in Immobilien, gegen die das kollabierte Justizsystem nicht eingreift, aber in diesem Fall ist der politische Hintergrund eindeutig, da die Partei für ihre offene, mutige Kritik am herrschenden Regime – u.a. wegen des Zusammenbruchs der Wirtschaft – bekannt ist.

Poroschenko fürchtet nicht nur einen Kurswechsel der US-Politik unter Trump, hinzu kommt der Mißerfolg des Assoziationsabkommens der Ukraine mit der EU, das 2013-14 der äußere Anlaß für den Putsch war. Offiziell ist es nicht in Kraft, weil die Niederländer es in einem Referendum im April 2016 abgelehnt haben. Und wie Witrenko betont, hat der Handel mit der EU seit dem Abschluß des Abkommens nicht zugenommen. Unter den fünf größten Abnehmern ukrainischer Exporte ist Polen der einzige EU-Staat (die anderen sind Rußland, Ägypten, die Türkei und China), und nur Deutschland und Polen sind unter den fünf größten Importeuren. Insgesamt sind die ukrainischen Exporte in den letzten zwei Jahren um 37% eingebrochen.

Im gleichen Zeitraum haben sich die Preise für die Unternehmen und die Bürger verdoppelt. In einigen lebenswichtigen Bereichen war es sogar noch beträchtlich mehr: Erdgas wurde fast zehnmal teurer, Heizung sechsmal, Heißwasser viermal und Strom 3,5mal. In einem Video vom 25.11. berichtete Witrenko, das BIP sei seit dem Putsch um 16% gesunken und liege immer noch unter dem Stand von 1990. Ein Drittel der erwerbsfähigen Bevölkerung ist arbeitslos. 2013 betrug der Mindestlohn umgerechnet 143 $ im Monat, heute nur noch 66 $. Der Staatshaushalt 2017 sieht nur Erhöhungen für das Militär und den Straßenbau vor, und die Renten werden nicht an die Inflation angepaßt. Der Großteil der Bevölkerung kann sich keine Krankenversorgung leisten.

In einem Artikel auf der Webseite der PSPU vom 22.12. wird berichtet, daß die westlichen Institutionen in den Verhandlungen über IWF-Kredite und das EU-Abkommen auf weiteren Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitswesen bestehen.

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