Kann die NDB aus dem System der City und Wall Street ausbrechen?

Der BRICS-Gipfel in Johannesburg vom 22.-24.8. wird viel wichtiger sein, als man noch vor einem Jahr vermutet hätte. Angesichts des wachsenden wirtschaftlichen Einflusses der Gruppe haben inzwischen 23 Länder offiziell die Mitgliedschaft beantragt. Und die südafrikanische Regierung hat die Führung von 67 weiteren Ländern eingeladen, darunter alle afrikanischen Länder, teilzunehmen und sich mit den Vertretern der fünf Mitgliedsstaaten zu treffen. (Auf der Gästeliste steht allerdings nicht der Name des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der öffentlich um eine Einladung gebeten hatte…)

Die Machtzentren des bankrotten transatlantischen Finanzsystems und ihre Medien spielen Spaltungen innerhalb der Gruppe hoch, um zu behaupten, daß keine wichtigen Entscheidungen getroffen würden, aber das wird von diesen Ländern zunehmend als irrelevant betrachtet.

Laut Südafrikas Finanzminister Enoch Godongwana gehört zu den vielen wichtigen Themen, die diskutiert werden müssen (s.u. sowie SAS 32/23), eine stärkere „Mittelbeschaffung und Kreditvergabe in lokalen Währungen“ durch die Neue Entwicklungsbank (NDB – die Bank der BRICS). „Sie tut nicht so viel, wie die Mitgliedsländer brauchen, aber das ist die strategische Richtung, in die wir die Bank drängen“, sagte Godongwana letzte Woche gegenüber Reuters. Die Presseagentur verwendet seltsamerweise den Ausdruck „Mittelbeschaffung in lokaler Währung“ und meint damit die Suche nach neuen Kapitaleinlagen für die NDB von den acht derzeitigen Mitgliedern (die ursprünglichen fünf plus Bangladesch, VAE und Ägypten) in ihren eigenen Währungen sowie von potentiellen neuen Mitgliedern wie Saudi-Arabien, Algerien und Uruguay. Sollten Saudi-Arabien und Algerien beitreten, könnten die beiden den Gegenwert von 4 Mrd.$ oder mehr an neuem Kapital aufbringen.

Die NDB plant, diese Woche in Südafrika Rand-Anleihen im Wert von 80 Mio.$ und später im Jahr in Indien Rupien-Anleihen auszugeben. Mit Anleihen bestehender und neuer Mitgliedsländer, die durch deren Goldreserven gedeckt sind, könnte die NDB bedeutend mehr Entwicklungsprojekte finanzieren. Es ist auch ein Weg zur Überwindung der starken Schwankungen der Währungen der Mitgliedsländer, die bisher das Kapital der Bank niedrig gehalten haben, so daß ihr Fremdkapital ausschließlich in Dollar und Euro ist. (Die jüngsten Zinserhöhungen der Federal Reserve drücken auch den Wert der Währungen der NDB-Länder, sodaß Dollarschulden teurer wurden.)

Seit Beginn des Konflikts in der Ukraine ist die NDB mit Sanktionen belegt, so daß sie nicht länger nach ihrem Wall-Street-artigen „Geschäftsmodell“ arbeiten kann. Weil Rußland 20% der Anteile hält, kaufen die Industrieländer keine Anleihen der Bank mehr, und Fitch hat ihre Kreditwürdigkeit herabgestuft. Von der gesamten Kreditvergabe der NDB seit ihrer Gründung, 33 Mrd.$, liefen 90% über Dollar- und Euro-Anleihen. Unter ihrem früheren, an der Wall Street orientierten Präsidenten hat sie die Vergabe von Projektkrediten an Rußland eingestellt und russische Kredite eingefroren. Unter ihrer neuen Präsidentin Dilma Rousseff kann die Bank jedoch zum zentralen Kreditinstitut für die Entwicklung des Globalen Südens werden.

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