Italienische Parlamentswahl: Was wird sich ändern?

Die gute Nachricht zur italienischen Parlamentswahl vom 25.9. ist, daß die Wähler Mario Draghi und sein Erbe eindeutig abgestraft haben – die schlechte Nachricht ist, daß der „Draghismus“ durch die Hintertür zurückkommen könnte.

Sieger war das Mitte-Rechts-Bündnis mit 43,79% in der Abgeordnetenkammer und 44,2% im Senat. Dank eines „Mehrheitsbonus“ verfügt die Koalition über eine große Mehrheit in beiden Kammern (235 von 400 Sitzen im Abgeordnetenhaus, 112 von 200 im Senat). Innerhalb des Bündnisses erhielten die Fratelli d’Italia (Brüder Italiens, FdI) von Giorgia Meloni mit 25,99% erwartungsgemäß die meisten Stimmen, ihre Verbündeten, die Lega 8,77%, Forza Italia 8,11% und eine kleine moderate Gruppe 0,95%. Im Senat erhielten die FdI 26,01%, die Lega 8,85%, FdI 8,27% und die „Moderaten“ 0,89%.

Der große Erfolg der FdI, die ihre Stimmen im Vergleich zur Wahl 2018 versiebenfachte, ist auf die einfache Tatsache zurückzuführen, daß sie unter der ruinösen Herrschaft der Draghi-Regierung die einzige Oppositionspartei war. Umgekehrt verlor die Lega 50% ihrer Stimmen von 2018, weil sie sich der Draghi-Regierung anschloß.

Die Mitte-Links-Gruppierung erlitt ein historisches Debakel, vor allem weil sie die enthusiastischsten Unterstützer Draghis waren, aber auch, weil der Vorsitzende der Demokratischen Partei (DP), Enrico Letta, ein Bündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) verweigerte. Statt dessen kandidierte er in einer Koalition mit kleineren Gruppen wie den Grünen und der Pro-EU-Partei „Più Europa“ sowie einer Splittergruppe um den ehemaligen M5S-Chef und Außenminister Luigi di Maio. So erhielt die linke Mitte nur 26,13% und 80 Sitze im Abgeordnetenhaus und 25,99% und 51 Sitze im Senat.

Die M5S, die unter Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte allein antrat, erhielt unerwartet 15,43% und 41 Sitze in der Abgeordnetenkammer und 15,55% und 28 Sitze im Senat. Dieses Ergebnis liegt zwar deutlich unter den rekordverdächtigen 32% von 2018, ist aber immer noch besser als erwartet angesichts der Inkompetenz ihrer Vertreter in der Regierung und der Tatsache, daß auch sie Teil der Draghi-Regierung waren. Conte hatte jedoch seine Uneinigkeit mit Draghi über den Ukraine-Krieg zum Ausdruck gebracht und zudem versprochen, sein „Baby“, das Bürgergeld reddito di cittadinanza beizubehalten, das alle anderen Parteien streichen oder kürzen wollen.

Eine vierte Gruppierung, ein Zusammenschluß der Partei Italia Viva des Ex-Ministerpräsidenten Matteo Renzi und der neuen Partei Azione des ehemaligen Ministers Carlo Calenda, verfehlte mit 7,79% im Abgeordnetenhaus und 7,73% im Senat ihr Ziel, mit über 10% den Königsmacher zwischen beiden Blöcken zu spielen. Dies ist erwähnenswert, weil die Gruppe überproportionale Medienpräsenz genoß und im Wahlkampf damit geworben hatte, Draghi als Ministerpräsident zurückzuholen.

Der eigentliche Wahlsieger sind jedoch die Nichtwähler. Sie hatten einen Rekordwert von 36%, mit Spitzenwerten von 50% in einigen süditalienischen Regionen.

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