Ist jemand bereit, einen Atomkrieg wegen der Ukraine oder Taiwan zu riskieren?

Die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp LaRouche, beklagte bei zahlreichen Gelegenheiten in den letzten Wochen das Schweigen offizieller Kreise über die Gefahr, daß sich die aktuellen Krisenherde zu einem Weltkrieg ausweiten könnten. In einem Dialog am 13.5. sagte sie, die Lage sei so explosiv, „daß wir, wenn wir den Kurs nicht ändern, wie 1914 in einen Krieg schlafwandeln könnten“. Aber anders als im Ersten Weltkrieg, „geht es diesmal um Atomwaffen, und es gibt ein paar Verrückte, auch in einigen Denkfabriken, die sagen: Wir müssen uns auf einen möglichen Atomkrieg vorbereiten.“ Als Beispiel nannte sie eine Studie der RAND Corporation mit dem Titel „Krieg mit China: Das Undenkbare denken“.

Eine prominente Stimme äußerte dieselbe Besorgnis: der 90jährige legendäre Whistleblower Daniel Ellsberg. Auf einer Veranstaltung zum 50. Jahrestag seiner Veröffentlichung der Pentagon Papers warnte er vor der „eselhaften“ und „kriminell wahnsinnigen“ Diskussion über einen amerikanischen Atomwaffeneinsatz. Er erwähnte insbesondere StratCom- Chef Admiral Charles Richard, der erklärt hatte, ein Atomkrieg sei heute nicht mehr „unwahrscheinlich“, sondern „wahrscheinlich“. „Diese Diskussion wird im Pentagon gerade geführt, daran habe ich keinen Zweifel“, sagte Ellsberg.

Ein Krieg mit Rußland oder China brächte „ein hohes Risiko der Eskalation zu einem Atomkrieg. Und wenn es zu einem Atomkrieg kommt…, sprechen wir über die nahe Auslöschung der Menschheit. Nein, es sollte nicht die geringste Option, Drohung oder Gedanken an einen bewaffneten Konflikt mit Rußland und China geben, weder jetzt noch jemals wieder.“

Die beiden gefährlichsten Krisenherde sind, wie Ellsberg ebenfalls betonte, Taiwan und die Ukraine, insbesondere nach den Drohungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, die Krim gewaltsam zurückzuerobern, und angesichts des zunehmenden Beschusses der mehrheitlich russischen Region in der Ostukraine. Eine Mobilisierung russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine löste die höchste Alarmstufe für US-Truppen in Europa aus. Zu den Spannungen trug auch das Gerede über einen NATO-Beitritt der Ukraine bei – womit Präsident Putin zufolge eine „rote Linie“ überschritten würde –, und die USA fügten den bestehenden Sanktionen gegen Rußland neue hinzu.

US-Außenminister Blinken wird sich am 20.5. mit dem russischen Außenminister Lawrow in Reykjavik treffen und dort wahrscheinlich das Thema Nord Stream 2 ansprechen.

Zepp-LaRouche bekräftigte ihre Unterstützung für Präsident Putins Forderung nach einem Sondergipfel der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, der Thema eines Putin-Biden-Gipfels sein könnte. Wie sowohl Zepp-LaRouche als auch Ellsberg betonten, ist es an der Zeit, daß die Bürger der maßgeblichen Mächte Teil des Diskussionsprozesses werden, wenn ein Krieg verhindert werden soll.

Biden gibt Netanjahu freie Hand Der ehemalige Landessenator von Virginia, Richard H. Black, hat oft erklärt, Joe Biden hätte „noch nie einen Krieg gesehen, den er nicht mochte“. So stimmte Biden als US-Senator für beide Irakkriege und für militärische Interventionen in Syrien und Libyen. Jetzt gibt er Israel volle Unterstützung im Konflikt mit den Palästinensern, trotz des Leids, das dieser auf beiden Seiten verursacht.

Der jüngste Konflikt begann wie andere in der Vergangenheit auch. Ein israelisches Gericht erlaubte radikalen jüdischen Siedlern, Häuser im Viertel Sheikh Jarrah in Ostjerusalem von arabischen Familien zu beschlagnahmen, die dort seit mehr als 50 Jahren leben und die Gebäude vielleicht sogar schon vor 1948 besaßen. Es war eine politische Entscheidung der geschäftsführenden Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die Beschlagnahmung und Räumung zur Zeit des muslimischen Ramadan durchzuführen. Wie in der Vergangenheit löste diese Aktion Spannungen aus, die sich Anfang Mai schnell auf die AlAqsa- Moschee in der Jerusalemer Altstadt ausweiteten. Das Eingreifen der israelischen Polizei gegen Demonstranten direkt am Al-Aqsa-Gelände hatte eine Explosion der Gewalt zur Folge.

Hinzu kam, daß israelische Nationalisten am 10.5. eine Parade in Ostjerusalem abhielten, um den „Jerusalem-Tag“ zu feiern, der an die Einnahme Ostjerusalems im Sechstagekrieg 1967 erinnert. Die Gewalt breitete sich schnell im Westjordanland aus, und es kam absehbar zu einer Reaktion der Hamas aus Gaza, die Raketen aus ihrem Arsenal auf Israel abfeuerte. Die israelischen Streitkräfte wurden angewiesen, ihren detaillierten Notfallplan zu starten, der eine umfassende Liste von Bombenzielen enthält.

Ein Waffenstillstand kam in der Vergangenheit in solchen Fällen nur zustande, wenn die USA Druck auf Israel ausübten (sie sind die einzigen, auf die die Israelis hören), während Ägypter und andere arabische Akteure zusammen mit Rußland auf die Palästinenser einwirken. Aber Präsident Biden läßt Israel freie Hand, selbst zu entscheiden, wann es einen

Waffenstillstand will. Washington und London blockieren UN- Resolutionen, die eine Forderung nach einem Waffenstillstand auch nur andeuten. Und am 17.5. gab Biden sein stärkstes Druckmittel aus der Hand und gab bekannt, daß er einen 735 Mio. $ teuren Waffendeal mit Israel bewilligt hat, größtenteils für Angriffsmunition als Ersatz für die, die palästinensische Frauen und Kinder tötet. Joe Biden hat damit die Weichen für eine sehr gefährliche Zukunft für eine ohnehin schon gefährlich instabile Region gestellt.

Allerdings hat dieser Konflikt im Gegensatz zu früheren dieser Art zwei sehr ernste Konsequenzen für Israel und die Region. Zum ersten Mal seit dem arabisch-israelischen Krieg von 1948 wird ganz Israel von Gewalt zwischen israelischen Arabern und Juden erfaßt, rechte jüdische Banden kämpfen in den Straßen gegen arabische Banden, besonders im Norden des Landes, wo der Anteil der Araber hoch ist. Dies löst in Israel große Besorgnis aus.

Zweitens profitiert Netanjahu von der Gewalt bei seinem Vorhaben, eine neue Regierung zu bilden, was jeden Versuch, die Friedensgespräche nach über einem Jahrzehnt wieder in Gang zu bringen, zunichte machen wird. In Israel hatte gerade wieder eine Wahl stattgefunden, die fünfte in zwei Jahren. Netanjahu hatte ein Mandat zur Bildung einer Koalitionsregierung erhalten, scheiterte jedoch, woraufhin Yair Lapid von der zentristischen Partei Yesh Atid dieses Mandat erhielt. Sein Plan, eine „Koalition für den Wandel“ zu bilden, wurde bis zum Ende des aktuellen Konflikts ausgesetzt, aber einige der vorgesehenen Koalitionspartner haben bereits angekündigt, daß sie die Verhandlungen nicht fortsetzen werden. Wenn Lapid scheitert, kann der Staatspräsident entweder wieder Netanjahu ein Mandat erteilen oder nochmals Neuwahlen ausrufen.

Print Friendly, PDF & Email