Glass-Steagall im US-Wahlkampf wieder groß in den Schlagzeilen

170 bekannte Wirtschafts- und Finanzexperten aus mehr als 100 Universitäten und anderen Institutionen veröffentlichten in den USA einen Brief mit dem Titel „Ökonomen und Finanzexperten für Senator Sanders’ Wall-Street-Reformen“, in dem sie vehement die Wiedereinführung der strikten Glass-Steagall-Bankentrennung fordern und Hillary Clinton wegen ihrer bankenfreundlichen Haltung kritisieren.

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders hatte in seiner Bürgerversammlung in Manhattan am 5.1. das Thema Wall-Street-Reform in den Mittelpunkt gerückt, als er betonte, die Ex-Außenministerin habe unrecht mit ihrer Behauptung, Glass-Steagall hätte die Finanzkrise 2007-08 nicht verhindert. Seine Aussage löste diesmal Hunderte Artikel und Kommentare aus, in denen häufig die Linie der Wall Street gegen Regulierung jeder Art vertreten wurde.

Zu den Unterzeichnern des neuen Briefs gehören der frühere Arbeitsminister Robert Reich, Prof. James Galbraith von der Universität von Texas, Dean Baker vom Center for Economic and Policy Research in Washington, der ehemalige Kongreßabgeordnete Brad Miller und der Experte für öffentliche Finanzen und frühere Bankenaufseher William Black. Sie schreiben:

„Unserer Ansicht nach ist Senator Bernie Sanders’ Plan für eine umfassende Finanzreform entscheidend, um eine weitere systemrelevante Finanzkrise zu vermeiden“; das schließe eine Aufspaltung der größten Banken in Geschäfts- und Investmentbanken ein.

„Die größten Banken der Wall Street sind heute viel größer, als sie vor der Krise waren, und sie haben immer noch jede Menge Anreiz, übermäßige Risiken einzugehen. Kein höherer Wall-Street-Manager wurde für das betrügerische Verhalten, das zum Krach von 2008 führte, angeklagt, und die Strafen, mit denen die Banken belegt wurden, waren bloß ein Bruchteil ihrer potentiellen Gewinne…

Ministerin Hillary Clintons bescheidenere Vorschläge gehen nicht weit genug…, sie lassen die Finanzkonzerne, die den Großteil des Schattenbankengeschäfts betreiben, unangetastet… Angesichts der Größe und politischen Macht der Wall Street wäre ihr Vorschlag nur eine Einladung zu mehr Verwässerung und Mogelei.“

Robert Reich, der seit langem für Glass-Steagall wirbt, unterstützte Sanders’ Reformplan zusätzlich in einem Kommentar am 13.1. Er verurteilt darin die Kampagne der Wall Street gegen die Filmkomödie The Big Short nach dem Buch von Michael Lewis, in der die Finanzspekulation aufs Korn genommen wird. Die Kernbotschaft des Films sei, daß die Wall Street und London die toxischen Immobilienkredite in Billiardenhöhe schufen, um toxische Wertpapiere und Derivate anzuhäufen und dadurch gigantische Gewinne und Gebühren einzustreichen. Sie begingen Wirtschaftsverbrechen aller Art, wurden dafür aber nicht bestraft, sondern sogar noch mit Steuergeldern gerettet.

Im Umfeld dieser Debatte haben gerade eine Senatorin, Barbara Mikulski, und ein weiterer Kongreßabgeordneter, Don Beyer, die entsprechenden Glass-Steagall-Anträge im Kongreß unterzeichnet.

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