Frankreich: Arbeitsmarktreform treibt Arbeitnehmer auf die Straße

Unter dem Druck des Weltwährungsfonds (IWF) und der EU-Kommission haben der französische Präsident François Hollande und seine Regierung Ende Februar ihren Plan für eine Reform des Arbeitsmarktes angekündigt, dessen Einschränkungen als das größte Hindernis für die Überwindung der Arbeitslosigkeit von über 10% hingestellt wird.

Die Logik dahinter ist kurz gefaßt folgende: Der Kündigungsschutz ist zu streng, wenn Arbeitgeber Beschäftigte leichter entlassen könnten, dann würden sie schneller neue Mitarbeiter einstellen. Derzeit werden Arbeitgeber bei Entlassungen, die nicht auf eine finanzielle Notlage des Unternehmens zurückgehen, in 75% der Fälle vom Arbeitsgericht zu Strafzahlungen verurteilt. Die Reform sieht eine Lockerung des Kündigungsschutzes vor, so daß Arbeitsverträge an die spezifischen Bedingungen eines Unternehmens angepaßt und individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, einer örtlichen Gewerkschaft oder dem Betriebsrat ausgehandelt werden können.

Auf diese Weise könnten Arbeitgeber schlechtere Bezahlung und Arbeitsbedingungen aushandeln. Gleichzeitig könnten sie Mitarbeiter leichter entlassen, die Arbeitsplätze wären unsicherer. Ein Abschnitt des Gesetzentwurfes legalisiert auch das Geschäftsmodell des US-Konzerns Uber, der nur „freie Mitarbeiter“ hat, die auf Einzelfallbasis bezahlt werden.

Diese französische Version des dänischen Modells der sog. „Flexsecurity“ („flexiblen Sicherheit“) ist ein schlechter Scherz, und sie stammt auch gar nicht aus Frankreich. Im Mai 2013 wurde in einem Bericht der Bank JP Morgan in London gefordert, nationale Verfassungen und Arbeitsgesetze der „postfaschistischen“ Ära abzuschaffen, um „die Eurozone zu retten“. Dies geschah dann prompt in Italien mit dem Jobgesetz der Regierung Renzi und in Spanien unter Mario Rajoy & Co. Ökonomen rätseln immer noch darüber, ob die Tausende von „neuen“, unproduktiven und schlechtbezahlten Dienstleistungsjobs eine Folge dieser Reformen oder anderer Ursachen sind.

Der erste Widerstand gegen die Initiative kam aus Hollandes eigener Partei, u.a. von der früheren Parteivorsitzenden Martine Aubry.

Eine Petition gegen die Reform erhielt bis Anfang März eine Million Unterschriften, und am 9.3. demonstrierten eine halbe Million Menschen – davon 100.000 junge Leute – im ganzen Land. Die Regierung wird nun mit Gewerkschaften, Studentenvertretern und anderen über die Pläne verhandeln.

13 Monate vor der nächsten Präsidentschaftswahl wird Hollande jetzt nur noch von 15% der französischen Wähler positiv bewertet, und viele seiner Parteigenossen sind der Ansicht, daß er nicht wieder kandidieren sollte.

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