Ermordung Shinzo Abes: eine Machtdemonstration der Kriegspartei?

Aufmerksame Beobachter sehen in der Ermordung des ehemaligen japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe am 8.7. eine gefährliche Machtdemonstration der Kriegspartei. Die Botschaft ist klar: Jeder Staatsmann und jeder Staat, der von der Linie gegen Rußland und China abweicht, muß die Konsequenzen tragen.

Abe war der einflußreichste Politiker Japans und einer der mächtigsten in der G-7, und er blieb dies auch nach seinem vorzeitigen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen 2020. Er hinterläßt nicht nur in der japanischen Politik, sondern auch international eine große Lücke.

Die bisher von der Polizei veröffentlichten Informationen über den Täter sind nicht aussagekräftig. Zu untersuchen sind die Absichten der Hintermänner und die Folgen für den gegenwärtigen NATO-Krieg gegen Rußland und China. Wie bei früheren Attentaten an kritischen Punkten der Geschichte (man denke an Alfred Herrhausen, Aldo Moro, John F. Kennedy und Martin Luther King) ist die Vorstellung vom „Einzeltäter“ kaum glaubwürdig, das Motiv für die Tat lag immer beim Empire.

Die wesentlichen, offensichtlichen Fakten sind, daß Abes wichtigstes Ziel während seiner gesamten Amtszeit von 2012-20 (nach einer kurzen früheren 2006-07) darin bestand, den aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden Konflikt mit Rußland über die Nördlichen Inseln beizulegen und endlich einen Friedensvertrag zu schließen. Eine solche Einigung mit Wladimir Putin schien so gut wie sicher bis zum Maidan-Putsch in der Ukraine 2014 und der nachfolgenden anglo-amerikanischen Kriegspolitik gegen Rußland.

Ein der Staatsführung nahestehender ehemaliger japanischer Beamter berichtete EIR von einem Abendessen Abes mit Präsident Obama und dessen Sicherheitsberaterin Susan Rice 2014 während eines Besuchs in Japan. Dies sei für Abe „alptraumhaft“ gewesen, weil Rice ihn massiv unter Druck setzte, sich den Sanktionen gegen Rußland anzuschließen. Er gab zwar teilweise nach und verhängte einige (weitgehend bedeutungslose) Sanktionen, doch die Verhandlungen mit Putin brachen ab. Wie es heißt, hat Abe Rice seitdem verabscheut.

Als Donald Trump gewählt wurde und seine Absicht erklärte, freundschaftliche Beziehungen zu Rußland aufzubauen, nahmen Abe und Putin ihre Verhandlungen wieder auf. Doch schon bald kam „Russiagate“, Trump tappte in die Falle, Moskau unter falschen Vorwänden zu bestrafen, und die Bemühungen scheiterten erneut.

Mit 67 Jahren galt Abe in der japanischen politischen Kultur als junger Mann, der sehr wohl in das Amt des Ministerpräsidenten hätte zurückkehren können. Jedenfalls bleiben ehemalige Regierungschefs der Liberaldemokratischen Partei gewöhnlich ihr Leben lang einflußreich.

Der derzeitige Ministerpräsident, Fumio Kishida, steigert sich voll in die Hysterie gegen Rußland hinein und nahm letzten Monat sogar am NATO-Gipfel in Spanien teil – ein Novum für einen japanischen Regierungschef. Dies wird Japans Wirtschaft teuer zu stehen kommen, da es ihre großen Investitionen in russisches Öl und Gas und mehr gefährdet. Zudem sind Abes Pläne für eine größere japanische Beteiligung an der wirtschaftlichen Entwicklung des russischen Fernen Ostens vom Tisch.

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