Die Ukraine stirbt für die NATO

Inmitten der Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte, die allgemein als gescheitert angesehen wird, hat Präsident Selenskyj seinen Verteidigungsminister Resnikow entlassen und fordert „neue Ansätze“. Die Entlassung nach wochenlangen Korruptions- und Mißbrauchsskandalen lenkt einmal mehr die Aufmerksamkeit auf die grassierende Korruption und die Machtkämpfe innerhalb der Kiewer Führung.

Strategisch wird sie wahrscheinlich kaum Auswirkungen haben, da die militärischen Entscheidungen vermutlich hauptsächlich von den NATO-Mächten, insbesondere London und Washington, getroffen werden. Resnikows Nachfolger, Rustem Umerow, verfügt über keinerlei militärische Erfahrung. Er ist Investor-Finanzier, Leiter des staatlichen Vermögensfonds der Ukraine, und obendrein ein fanatischer Russenhasser krimtatarischer Herkunft. Seine Aufgabe wird vor allem darin bestehen, mehr Geld und Ausrüstung von den Geberländern zu beschaffen, um den aussichtslosen Krieg zu verlängern.

Die verzweifelte Lage im Land wurde nun auch vom Economist, einem der wichtigsten Medien der Londoner City, anerkannt. In einem Artikel vom 20.8. heißt es, die Bevölkerung zeige zunehmend Ermüdungserscheinungen, und sogar einige Frontsoldaten wagen es, für einen Waffenstillstand einzutreten. Die Schlußfolgerung: „Die öffentliche Stimmung ist düster.“

Der Konflikt werde zunehmend als „Krieg ohne Ende“ wahrgenommen. Diejenigen, die kämpfen wollten, hätten sich längst freiwillig gemeldet, so daß Kiew nun „vor allem Unwillige rekrutiert“. Selbst „das Hoffen auf einen Erfolg der Gegenoffensive ist zu einem Akt der Selbstzerstörung geworden“, da es die unvermeidliche Niederlage nur hinauszögere. Es wird sogar ein Scharfschütze zitiert, Selenskyjs Ziel, sämtliche von Rußland eroberten Gebiete zurückzuerobern, sei „selbstgefälliger Populismus“.

Dennoch kündigte die Biden-Administration am 29.8. die 45. Tranche der Militärhilfe für die Ukraine an. Die Tranche im Wert von 250 Mio.$ umfaßt Luftabwehr- und Artilleriemunition, Minenräumgeräte, Sanitätsfahrzeuge und andere Ausrüstung, „um der Ukraine zu helfen, Rußlands anhaltenden Angriffskrieg auf dem Schlachtfeld zu bekämpfen und ihre Bevölkerung zu schützen“, so die Mitteilung des Verteidigungsministeriums. Insgesamt beläuft sich die Hilfe nun auf rund 130 Milliarden Dollar!

Das kaltblütige Kalkül der US-Kriegsfraktion wurde von den Senatoren Lindsey Graham (Republikaner) und Richard Blumenthal (Demokrat), die am 23.8. die Ukraine besuchten, unverblümt zum Ausdruck gebracht. Auf einer Pressekonferenz in Kiew behauptete Graham, die ukrainischen Streitkräfte hätten mit nur 3% des jährlichen US-Verteidigungsbudgets „die Hälfte der russischen Armee vernichtet… Das ist die beste Investition für die amerikanische Sicherheit, die es je gab. Die Ukraine ist ein fantastischer Partner, einen solchen Partner haben wir seit Churchill nicht mehr gesehen.“

Blumenthal war sogar noch deutlicher. In der Connecticut Post vom 29.8. schrieb er, die Amerikaner „sollten zufrieden sein, daß unsere Investitionen in der Ukraine unser Geld wert sind… Für weniger als 3% des Militärbudgets unseres Landes haben wir es der Ukraine ermöglicht, Rußlands militärische Stärke um die Hälfte zu verringern. Und das alles, ohne daß auch nur ein einziger amerikanischer Soldat verletzt oder verloren wurde.“

Man könnte noch den Senator und ehemaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney hinzufügen, der vor kurzem erklärte, daß die USA „das russische Militär für einen sehr geringen Geldbetrag schwächen und vernichten. Wir verlieren in der Ukraine keine Menschenleben.“ Alle drei hätten auch erwähnen können, daß der Krieg der Rüstungsindustrie hohen Gewinn bringt.

Bekanntlich sprechen amerikanische Politiker häufiger aus, was viele ihrer europäischen Amtskollegen denken, aber lieber nicht offen sagen wollen. Doch die zynische Absicht ist dieselbe.

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