Deutschlands Deindustrialisierung trifft den Arbeitsmarkt mit voller Wucht
Die deutsche Industrie setzte in den letzten Jahren massiv auf die Rationalisierung von Produktionsprozessen und auf Teilzeitjobs. So lag die Gesamtbeschäftigung in der Automobilbranche 2023 um 42.000 Stellen niedriger als 2018 mit 822.000. Doch das waren noch langsame Verschiebungen über mehrere Jahre.
Jetzt trifft die Deindustrialisierung die deutsche Wirtschaft mit voller Härte: Großunternehmen haben mindestens 55.000 Entlassungen bis Jahresende angekündigt, dazu kommen vier- bis fünfmal so viele bei Zulieferern, hauptsächlich mittelständischen Unternehmen. In der vergangenen Woche waren die Fälle ThyssenKrupp und Volkswagen (VW) in den Schlagzeilen, mit Warnungen vor Plänen zur drastischen Ausgabensenkung in noch unbekanntem Umfang. Sie sind die größten deutschen Unternehmen im Stahl- und im Automobilsektor.
Die großen Zulieferer wie Continental, Bosch und Scheffler werden ebenso betroffen sein wie tausende kleinere. Der Chefvolkswirt der ING Bank, Carsten Brzeski, wurde in der Presse mit der Prognose zitiert, der Arbeitsmarkt werde einen „Tod durch tausend Schnitte“ erleiden. Eine Umfrage der Unternehmensberatung Horvath unter 50 Zulieferern ergab, daß 60% der Unternehmen in den nächsten fünf Jahren ihre Belegschaft in Deutschland reduzieren wollen. Zudem erwägen große Unternehmen, im Ausland zu produzieren und gutbezahlte, qualifizierte Arbeitsplätze an ihren deutschen Standorten abzubauen. Diese Stellen verschwinden dann für immer. Das Magazin Focus zitierte Holger Schäfer vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW): „Wird in Deutschland ein Chemiewerk dichtgemacht, dann kommt das nicht mehr zurück.“
Schuld an der Krise sind vor allem die grünen Wunschträume: die höheren Energiekosten durch den Verzicht auf russisches Erdgas zugunsten von mehrfach teurerem US-Flüssiggas; das EU-Verbot von Produktionsprozessen mit hohem CO2-Ausstoß, das u.a. die Autoindustrie zwingt, Verbrennungs- durch Elektromotoren zu ersetzen; die Illusion vom „grünen Stahl“ mit Solar- und Windenergie als Energiequellen, usw.
Unter den Autobauern hat vor allem VW stark in die Produktion von E-Autos investiert, doch deren Absatz ist in den ersten sieben Monaten 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 69% eingebrochen. Gründe dafür sind u.a. die Unsicherheit in Bezug auf Ladestationen und ein Ende der Kaufprämie. Insgesamt hat VW bisher 500.000 Autos weniger verkauft als im Vorjahr.
Wichtige Gründe für die Krise der Stahlbranche sind der Einbruch des Wohnungsbaus und der E-Auto-Verkäufe sowie der jahrelange Investitionsstau bei Schiene und Straße. Doch die fanatische Fixierung der Bundesregierung auf den Übergang zu „grünem Stahl“ mit teurem grünen Wasserstoff anstelle von Koks setzt ThyssenKrupp zusätzlich unter Druck. Nach der Zusage der Regierung, die Umstellung mit 2 Mrd. € mitzufinanzieren, klafft weiter eine Lücke von 8 Mrd. € oder mehr. Drastische Einschnitte in der Produktion und bei den derzeit 27.000 Arbeitsplätzen scheinen vorprogrammiert.