Deutsche Industrie: Rußland-Sanktionen sind unwirksam und teuer

Immer größere Teile der deutschen Industrie verlieren die Geduld mit den 2014 beschlossenen Sanktionen der EU gegen Rußland und setzen sich ab von der traditionellen „Priorität der Politik vor Wirtschaftsinteressen“. Viele Wirtschaftsvertreter reagieren schon seit längerem inoffiziell positiv auf die Forderung der BüSo nach Beendigung der Sanktionen, wollten dies aber bisher nicht öffentlich tun.

Dies hat sich nun in Sachsen geändert. In einer von den Präsidenten der Industrie- und Handelskammern in Dresden, Leipzig und Chemnitz gemeinsam unterzeichneten Erklärung vom 15.2. wird die sächsische Landesregierung aufgefordert, im Bundesrat eine Initiative zur Beendigung der Sanktionen vorzulegen. Die sächsischen Industrieausfuhren nach Rußland sind um ein Viertel eingebrochen, für viele stark vom russischen Markt abhängige Unternehmen sogar um bis 40-50%.

Die IHK-Präsidenten schreiben, die deutschen Beziehungen zu Rußland würden bei einer Fortsetzung der Sanktionsstrategie weiteren schweren Schaden nehmen und für die sächsische Wirtschaft zu neuen Einbußen über die bereits erlittenen in Höhe von 250 Mio.€ hinaus führen. Zudem brauche man Rußland für die Lösung etlicher globaler Herausforderungen, etwa im Nahen Osten. Ein neuer Kalter Krieg diene weder der Lösung aktueller Konflikte noch dem freien Handel noch der sächsischen Wirtschaft.

Der Präsident des Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, bezeichnete die Rußlandsanktionen als völlig falsch. Beim Neujahrsempfang des Verbands in Berlin sagte er am 15.2., sie hätten den deutsch-russischen Beziehungen der Industrie massiv geschadet, aber in Moskau keinerlei politische Veränderungen bewirkt.

Der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) wird demnächst nach Moskau fliegen, um mit der russischen Führung über eine Lockerung der westlichen Sanktionen und der russischen Gegensanktionen gegen europäische Agrarprodukte zu reden. Schmidt hat bei verschiedenen Gelegenheiten erklärt, eine Lockerung der Sanktionen wäre ein Signal, daß beide Seiten die Notwendigkeit der Zusammenarbeit erkennen, besonders in Hinsicht auf ernste internationale Krisen wie Syrien. Er verweist auf schwere Einbrüche der Agrarexporte nach Rußland und erhebliche Einkommensverluste der deutschen und europäischen Landwirte, besonders der Schweinezüchter und Obstbauern. Viele Landwirte stünden vor dem Ruin, weil andere Märkte den Verlust in Rußland nicht ausgleichen können.

In den letzten 18 Monaten sind die Erzeugerpreise für Milchbauern, Rinder- und Schweinezüchter in der EU um bis zu 40% eingebrochen. In Frankreich gibt es massive Proteste von Landwirten, und Agrarminister Stéphane Le Foll wirbt in Brüssel aktiv für die Aufhebung der Sanktionen, damit im Gegenzug das russische Agrarverbot aufgehoben wird.

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