Der Seidenstraßen-Effekt: Norwegen will ersten Schiffstunnel der Welt bauen

Während die EU fast nichts tut, um große Infrastrukturprojekte zu fördern, plant Norwegen den Bau des ersten Schiffstunnels der Welt, der für Schiffe bis 20.000 t geeignet sein wird. Der Tunnel wird durch die Halbinsel Stad führen und dient der Vermeidung des gefährlichen Stad-Meers (Stadhavet), wo Nordsee und Europäisches Nordmeer aneinander grenzen und wo seit 1945 schon 33 Menschen ertrunken sind. Der Tunnel wird durch einen 300 m hohen Berg gegraben, seine Länge beträgt 1,7 km, die Höhe 50 m (37 m über der Wasserlinie), die Breite 26,5 m, und er soll zwischen 70 und 120 Schiffe täglich bewältigen. Der Bau soll 2019 beginnen und 255 Mio. € kosten.

Das staatlich finanzierte Projekt, das vor allem die Sicherheit des Seeverkehrs an der norwegischen Küste verbessern soll, ist Ausdruck eines wiedergeweckten Interesses an neuer Infrastruktur – ein erfreulicher Nebeneffekt der Dynamik, die durch Chinas Seidenstraßenpolitik entsteht. Auch die beliebten 16.000 t-Post- und Touristenschiffe der „Hurtigruten“ werden den Tunnel nutzen können.

Der Projektmanager des Stad-Schiffstunnels, Terje Andreassen, erklärte gegenüber Strategic Alert Service, das Projekt sei Teil von Norwegens Nationalem Verkehrsplan 2017-30, der Ausgaben von fast 1 Billion Kronen (etwa 100 Mrd.€) über 12 Jahre vorsieht. Der Plan umfaßt einen bedeutenden Ausbau des intermodalen Transportsektors, mit vielen Neubauprojekten und Modernisierungen von Straßen, Eisenbahnen, Häfen und Küstentransport zur Verbesserung von Norwegens globaler Vernetzung. Im Rahmen des Programms wurde mit dem Bau des längsten Eisenbahntunnels Norwegens begonnen, einem 20 km langen Doppeltunnel, der die Bahnkapazität verdoppeln wird.

Der Stad-Schiffstunnel (Stad Skipstunnel) wird nicht nur den Reedereien nutzen, sondern auch den beiden größten Wirtschaftszweigen des Landes, der Öl- und Gasförderung vor der Küste und dem Fischfang. Norwegen ist der zweitgrößte Fischexporteur der Welt, und zu dieser Industrie gehören große Fischfarmen, vor allem mit Lachs. Andreassen zufolge rechnet man damit, daß die Fischfarmen bis 2030 um das 4-5fache zunehmen werden. Der neue Tunnel wird eine sichere und pünktliche Lieferung von Lachs aus den Farmen südlich des Tunnels zu den Verarbeitungsfabriken nördlich davon gewährleisten. Auch die Ausfuhr von Frischfisch, besonders Kabeljau aus der Arktis und Lachs, dürfte wachsen.

Zu den Prioritäten der norwegischen Fischindustrie gehört heute der chinesische Markt. Von den 70.000 t Lachs, die China 2017 voraussichtlich importieren wird, werden 50.000 t aus Norwegen stammen. Das sind zwar nur 5% der gesamten Lachsexporte, aber es wird ein enormes Wachstum der chinesischen und allgemein der asiatischen Märkte prognostiziert.

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