Cheminade: Nach Macrons Niederlage sollte Frankreich das integrierte Kommando der NATO verlassen

Die Ergebnisse der zweiten Runde der französischen Parlamentswahlen am 19.6. führen wahrscheinlich zu einem politischen Erdbeben im Land – entweder zu totalem Chaos und Unregierbarkeit oder zu einem positiven Wandel, falls die „Newcomer-Gewinner“ sich für höhere Ziele der Nation einsetzen. Jacques Cheminade, der Vorsitzende von Solidarité et Progrès, schrieb nach der Wahl: „Emmanuel Macrons Niederlage bei den Parlamentswahlen 2022 ermöglicht Frankreich einen Kurswechsel. Der NATO-Gipfel Ende Juni in Madrid soll die EU unter Kontrolle bringen, um sie in eine Militärunion gegen Rußland und China zu verwandeln. Dagegen müssen wir eine Front aufbauen.“

Präsident Macrons Partei „Ensemble“ verlor ihre absolute Mehrheit in der Nationalversammlung, sie erhielt nur 245 der dafür notwendigen 289 Sitze (2017 hatte sie 309 Sitze gewonnen). Große Zugewinne verzeichneten das Linksbündnis NUPES von Jean-Luc Mélenchon und das rechte Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen, die 142 bzw. 89 Sitze errangen. Die konservative Republikanische Partei (bisher Nr. 2 im Parlament) und die Mitte-Rechts-Partei (Liberale) kommen nur noch auf 64 Sitze. Die klare Mehrheit waren jedoch wieder die Nichtwähler mit einem Rekord von 53,7%, hinzu kommen 7,4% „weiße“, d.h. ungültige Stimmen.

Angesichts der extremen Zersplitterung der Fraktionen wird es unzählige Möglichkeiten geben, die Pläne Macrons und der Regierung zu blockieren, auch die Option eines Mißtrauensvotums. Wie Cheminade betont hat, deuten die guten Ergebnisse von NUPES und RN auch auf das Entstehen eines „Volksblocks“ hin, der die aktuelle neoliberale Agenda und den neuen Kalten Krieg ablehnt. Dazu müßten die Führungen der beiden Gruppen ihre ideologischen Differenzen überwinden, um Frankreich in eine bessere Zukunft zu führen.

Während Macron die reichen Finanz- und Transatlantik-Eliten vertritt, haben sowohl NUPES als auch RN gefordert, daß sich Frankreich aus dem integrierten Kommando der NATO zurückzieht und eine unabhängige Politik gegenüber Rußland, China u.a. verfolgt. Beide Parteien kandidierten auch mit einem Programm gegen Austerität und zur Verteidigung der öffentlichen Dienstleistungen. Der größte Unterschied besteht in der Energiepolitik, wobei NUPES erneuerbare Energien bevorzugt, aber Macron und die anderen konservativen Parteien sind wie RN für die Kernenergie.

In einem weiteren Tweet Cheminades heißt es: „Der Austritt aus dem integrierten NATO-Kommando hat absolute Priorität, denn wenn wir dort bleiben, ziehen wir in den Krieg, ob wir wollen oder nicht.“ Die neuen Parlamentarier und besonders diejenigen, die für den Austritt waren, werden nun daran gemessen, wie sie sich in der Frage verhalten.

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