BRICS-Bank erörtert neue Finanzarchitektur

Die von den fünf BRICS-Staaten (Brasilien, Rußland, Indien, China, Südafrika) 2015 gegründete Neue Entwicklungsbank (NDB) hält am 30.-31.5. an ihrem Hauptsitz in Shanghai die jährliche Sitzung ihres Gouverneursrats ab. Es ist die erste Sitzung unter dem Vorsitz von Dilma Rousseff, der brasilianischen Ex-Präsidentin und engen Verbündeten von Lula da Silva, die erst vor einem Monat ihr Amt antrat.

Ein wichtiges Thema ist, welche aktive Rolle die NDB bei der Gestaltung eines neuen internationalen Finanzsystems als Ablösung für das kollabierende transatlantische System spielen kann. Bisher ist die NDB bei der Beschaffung ihres Kapitals auf Dollar-Finanzierung angewiesen, und ihre Kreditvergabe an die Mitgliedsländer ist dadurch beschränkt. So ist die Finanzierung neuer Projekte in Rußland wegen der westlichen Sanktionen eingefroren, was Ministerpräsident Michail Mischustin bei seinem Treffen mit Rousseff am 23.5. ansprach.

Wall Street und London sind sehr beunruhigt, wie aus einem Artikel in der Financial Times vom 28.5. hervorgeht, wo berichtet wird, daß Saudi-Arabien einen Beitritt zur NDB erwägt. Die Zeitung zitiert aus einer Erklärung der Bank: „Im Nahen Osten messen wir dem Königreich Saudi-Arabien große Bedeutung bei und führen derzeit einen qualifizierten Dialog mit ihm.“ Die saudischen Ressourcen könnten die Finanzierungsmöglichkeiten der NDB erheblich erweitern, insbesondere wenn sie sich vom Dollar abwendet. Berichten zufolge hat Riad auch einen Antrag auf BRICS-Mitgliedschaft gestellt.

Die Financial Times bedauert zudem, daß die Saudis „auch engere Beziehungen zu China anstreben“. In der Tat hat die von China vermittelte Einigung zwischen Riad und Teheran die anglo-amerikanischen Pläne für den Nahen Osten ernsthaft gestört.

Ein weiteres Problem für London ist, daß der NDB-Verwaltungsrat über Präsident Lulas Ersuchen diskutieren wird, Argentinien zu unterstützen, das die BRICS-Mitgliedschaft beantragt hat und dessen Finanzminister als Gast an den Gesprächen teilnimmt.

Der Verwaltungsrat setzt sich aus den Finanzministern der Mitgliedsländer zusammen; allerdings wurde Ende letzter Woche bekannt, daß Brasiliens Finanzminister Fernando Haddad, der hierbei eine führende Rolle spielen sollte, nicht persönlich, sondern höchstens virtuell teilnehmen kann. Seine Regierung ringt derzeit mit dem Kongreß um die Verabschiedung wichtiger wirtschaftspolitischer Gesetze, bei denen der Minister federführend ist.

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