Armenien-Aserbaidschan: Mehr Konflikt oder wirtschaftliche Chance?

Am 28.9. unterzeichnete der Präsident der international nicht anerkannten Regierung von Bergkarabach, Samvel Shahramanyan, ein Dekret, mit dem der Staat offiziell zum 1. Januar 2024 aufgelöst wird; die armenische Bevölkerung wurde aufgefordert, Aserbaidschans Vorschläge zur Wiedereingliederung zu prüfen. Obwohl Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew ihnen den Schutz ihrer Rechte zusicherte, fliehen die ethnischen Armenier aus Angst um ihr Leben nach Armenien. Nach Angaben der armenischen Regierung sind rund 100.000 der etwa 120.000 Einwohner geflohen, was eine humanitäre Krise ausgelöst hat, weil die Flüchtlinge mit Nahrung und Notunterkünften versorgt werden müssen.

Angeblich laufen Verhandlungen über einen Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan, aber es ist völlig unklar, ob es dazu kommen wird. Tatsache ist, daß die Armenier das Opfer der Kriegspolitik der USA und NATO gegen Rußland sind. Wenn Moskau und Washington zusammenarbeiten, so wie 1994 bei dem Waffenstillstand zur Beendigung der Kämpfe um Bergkarabach, lassen sich Fortschritte erzielen. Doch jetzt versucht Washington, Armenien von Rußland zu lösen, obwohl seine Wirtschaft und Sicherheit von ihm abhängig sind. Die EU hat völlig undurchführbare Vorschläge unterbreitet und sich geweigert, mit Rußland zu reden. Sie unternahm aber auch nichts, um auf Baku einzuwirken, das seit den Sanktionen gegen russisches Gas ein wichtiger Gaslieferant ist.

Eine offensichtliche Lösung wäre die Einleitung eines dringend benötigten Programms zur wirtschaftlichen Entwicklung in Zusammenarbeit zwischen Armenien und Aserbaidschan, das den Bewohnern von Bergkarabach erlaubt, in ihrer Heimat zu bleiben. Eine solche Perspektive bot Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, der Reportern am 28.9. sagte, ein Friedensvertrag würde die Türen für die Umsetzung verschiedener Verkehrsprojekte in der Region öffnen, die für alle drei Länder wichtig sind. Er spielte damit auf den Internationalen Nord-Süd-Verkehrskorridor (INSTC) von Rußland nach Indien an, an dem sowohl Armenien als auch Aserbaidschan liegen.

Infolge des fast 30 Jahre langen Konflikts haben beide Länder große Verkehrsprobleme. Armenien konnte seinen Außenhandel auf dem Landweg nur über Georgien und den Iran abwickeln, da seine Grenze zur Türkei, einem Verbündeten Aserbaidschans, geschlossen war. Und ein Teil Aserbaidschans, Nachitschewan, liegt außerhalb seines Hauptterritoriums, zwischen Armenien und dem Iran.

Gut informierte Geheimdienstexperten äußern die Befürchtung, daß der Konflikt noch nicht zuende ist und ein Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan nicht auszuschließen ist. Aggressive Einmischungen wie die der USAID-Chefin Samantha Power oder der EU verschlimmern die Lage nur, da Armenien geographisch wie politisch isoliert ist.

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