Al-Sisi warnt den Westen: Ausländische Intervention würde aus Libyen ein zweites Somalia machen

Italien wird gegenwärtig von den Anglo-Amerikanern stark unter Druck gesetzt, eine ausländische Militärintervention in Libyen anzuführen. Der ägyptische Präsident Al-Sisi warnte in einem ausführlichen Interview mit der italienischen Tageszeitung La Repubblica, das am 16. und 17.3. erschien, eine solche Mission wäre hochriskant, vor allem wenn es keine Strategie für die Zeit danach gibt.

Vor einer äußeren Intervention in Libyen müsse man sich fünf Fragen stellen, betonte Al-Sisi:

„Erstens: Wie kommen wir nach Libyen hinein und wieder heraus? Zweitens: Wer wird dafür verantwortlich sein, die libyschen Streitkräfte und den Sicherheitsapparat wieder einzurichten? Drittens: Wie werden wir im Verlauf der Mission für die Sicherheit sorgen und die Bevölkerung schützen? Viertens: Wird es mit der Intervention gelingen, die Bedürfnisse aller Gemeinschaften und Völker Libyens zu befriedigen? Fünftens: Wer wird dafür sorgen, daß das Land konkret wieder aufgebaut wird?“

Eine Alternative zu einer westlichen Intervention sieht Al-Sisi in Unterstützung der Libyschen Nationalen Armee von General Haftar, die mit dem derzeit in Tobruk residierenden, international anerkannten Parlament des Landes verbunden ist. „Es könnten positive Resultate erzielt werden, wenn man die Libysche Nationalarmee unterstützt. Und diese Resultate lassen sich erzielen, bevor wir die Verantwortung für eine Intervention auf uns nehmen. Wenn wir der Libyschen Nationalen Armee Waffen und Unterstützung liefern, kann sie die Aufgabe viel besser als jeder andere bewältigen – besser als eine Intervention von außen mit dem Risiko, daß sie uns in eine Lage bringt, die uns aus der Hand gleiten kann, und Entwicklungen hervorruft, die wir nicht kontrollieren können.“

Eine Militärintervention von außen könne hingegen so enden wie in Afghanistan oder Somalia. „Wenn die Institutionen zerstört sind, braucht es sehr lange Zeit und große Anstrengung, sie wieder aufzubauen. Daraus resultieren unsere Befürchtungen in Bezug auf Libyen: Je später man handelt, desto höher ist das Risiko. Wir müssen schnell handeln und die Stabilität aller Länder, die noch nicht ins Chaos gestürzt sind, verteidigen, denn man braucht eine umfassende Strategie, die nicht nur Libyen betrifft, sondern auch die aktuellen Probleme in der ganzen Region anpackt – Risiken, die auch zu Sicherheitsbedrohungen für Europa werden können.“

Der Präsident betonte, nicht nur Kriege, sondern auch die Armut gehöre zu den Migrationsursachen. Deshalb solle Europa Ländern helfen, in denen Hunger und Not herrschen, „um ein sichereres und stabileres Umfeld zu schaffen, das junge Menschen überzeugt, zuhause zu bleiben und nicht fortzugehen. Das ist im übertragenen Sinn die Mauer, die wirklich gebaut werden muß.“

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