Windkraft: Der Fall Siemens als Vorbote einer Katastrophe

Die dritte Handelswoche im Juni endete an den Börsen mit einem spektakulären Verlust von 37% für die Aktie von Siemens Gamesa. Das Unternehmen, seit 2016 der Zusammenschluß der ehemaligen Windkraftsparte von Siemens Energy mit dem spanischen Windkraft-Anlagenbauers Gamesa, hatte seit einiger Zeit Verluste gemacht, so daß Siemens Energy Anfang Juni es wieder übernahm, aber das konnte die Aktionäre nicht überzeugen. Zudem löste die Nachricht, daß die spanische Iberdrola den Kauf von elf 5.X-Turbinen von Siemens Gamesa wegen technischer Probleme ausgesetzt hat, Spekulationen aus, ob sämtliche 5.X-Turbinen repariert werden müssen. Auch andere Turbinentypen zeigten technische Mängel.

Siemens Energy spricht von etwa 1 Mrd.€ Kosten für die Reparaturen, doch Schätzungen von Bloomberg, Reuters und UBS liegen deutlich höher, die von UBS sogar bei 5 Mrd. Und selbst das ist möglicherweise noch nicht das Ende…

Da der deutsche Teil von Siemens Gamesa Weltmarktführer bei Offshore-Windenergieanlagen und der spanische Teil ein führendes Unternehmen bei Onshore-Anlagen ist, ist diese Krise nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Reuters deutete an, daß bis zu 30% der 29.000 Turbinen in Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 132 GW weltweit repariert oder ausgetauscht werden müssen. Insbesondere Offshore ist das sehr aufwendig, da man sie möglicherweise zur Reparatur mit einem riesigen Schiff an Land bringen muß.

Die Ursache der Turbinenprobleme wurde nicht veröffentlicht. Doch der Sprecher des Branchenverbands WindEurope, Christoph Zipf, verwies auf die Tendenz, immer größere Turbinen zu immer geringeren Kosten zu bauen, um mit fossilen Brennstoffen konkurrenzfähig zu sein. Er sagte CNBC, vor 20 Jahren habe eine typische Windturbine eine Leistung von 1 MW gehabt, heute würden 15-MW-Turbinen getestet, was erhebliche Anforderungen an die Komponenten mit sich bringe.

Um teure Testprogramme zu vermeiden, wurden neue Turbinen wie die 5.X möglicherweise nur im Computer getestet und die realen Herausforderungen für die Superturbinen unterschätzt. Andere Hersteller von Windkrafttechnik wie Nordex und Vestas melden keine Probleme wie die von Siemens, aber dessen Schwierigkeiten sind weltweit kein gutes Omen. Auf dem Markt fürchtet man, daß sich die gesamte Superturbinen-Ära als kostspielige Sackgasse erweisen könnte.

Gerade wenn Regierungen prahlen, die Zukunft gehöre „nachhaltigen Technologien“, wird der Fall Siemens Gamesa mit Sicherheit der Auftakt zu einer Katastrophe sein, wenn die Windkraft nicht einmal fähig ist, die vorgesehenen wenigen Prozent der nationalen Stromerzeugung zu gewährleisten.

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