Wachsende Forderungen unter den Liberalen, die deutsche Regierung zu verlassen
Die „Ampelkoalition“ von Bundeskanzler Olaf Scholz, die in der Wählergunst unter 20% gesunken ist, ist nun auch mit einer Ausstiegskampagne der FDP konfrontiert. Die seit Monaten andauernde Kampagne hat nach den drastischen Stimmenverlusten der FDP bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern am 8.10. an Fahrt aufgenommen (vgl. SAS 41/23). Die FDP wurde sogar aus dem bayerischen Landtag abgewählt.
Drei Wochen später veröffentlichten 26 FDP-„Rebellen“ einen „Weckruf Freiheit“ als offenen Brief an die Parteiführung, worin sie den Austritt der Partei aus der Regierung fordern. Sie wenden sich vor allem gegen die utopische Wirtschaftspolitik und vergleichen sie damit, daß jemand aus einem Flugzeug springt und hofft, daß ihm jemand mitten im freien Fall einen Fallschirm reicht. Wenn diese Regierung bis zur nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 bleibe, bedeute dies eine Deindustrialisierung Deutschlands durch die verheerende Kombination aus „grünen“ Vorschriften, Energie- und Materialpreisinflation und einer Bürokratie, die keine neuen Investitionsprojekte genehmigt.
Die Initiatoren werben bundesweit Unterzeichner für ein parteiinternes, verbindliches Referendum. Dem FDP-Vorsitzenden, Bundesfinanzminister Christian Lindner, wird vorgeworfen, er handle nicht als „Korrektiv“ gegen die Grünen, wie er es beim Amtsantritt vor zwei Jahren versprochen hatte, und sei damit für den dramatischen Niedergang der Partei verantwortlich. Vermutlich müßte er seine Politik ändern oder zurücktreten.
So protestierte Lindner beispielsweise nicht ernsthaft gegen die Entscheidung der Regierung, im April letzten Jahres die letzten noch laufenden Kernkraftwerke abzuschalten, der offene Brief fordert einen Wiedereinstieg in die Kernenergie und befürwortet den Bau von Reaktoren mit neuen Technologien, insbesondere das deutsch-kanadische Dual-Fluid-Projekt.
Ein großer inhaltlicher Schwachpunkt der Unterzeichner ist ihr Eintreten für einen „freien Markt“ mit möglichst wenig staatlichen Eingriffen – obwohl gerade dieser Ansatz zum industriellen Niedergang nicht nur Deutschlands, sondern der ganzen transatlantischen Welt geführt hat. Echtes Wirtschaftswachstum, reichlich versorgt mit Kernenergie, was die Unterzeichner offenbar befürworten, ist nur mit einer tiefgreifenden Umstrukturierung des Finanzsektors mit einer Bankentrennung möglich, so daß Geschäftsbanken langfristige Kredite für die produktiven Wirtschaftssektoren vergeben. Dies wiederum kommt ohne kluge staatliche Eingriffe nicht aus.