Regionalwahlen: Französische Bürger entscheiden sich für einen Walkout!

Mehr als 65 % der französischen Wähler haben sich bei den Kommunal-und Regionalwahlen am 20. Juni der Stimme enthalten – ein historischer Rekord! Die Ergebnisse spiegeln wider, daß in Frankreich nach Monaten des Stresses im Umgang mit der Pandemie vieles im Argen liegt. Aber der Umgang mit COVID-19 ist nur der letzte Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt und zu einem völligen Vertrauensverlust der Bevölkerung in ihre Eliten geführt hat, sei es in die Politik, in die Wirtschaft, in die Intellektuellen oder in die Medien, was sich in der enormen Wahlenthaltung ausdrückt, die manche als Bürgerstreik bezeichnen.

Seit Jahren wächst die Wut über die steigende Arbeitslosigkeit, den stark gesunkenen Lebensstandard der Mittel-und Unterschicht, die höheren Steuern (verstärkt durch die jüngste „Klimasteuer“), den sichtbaren Verfall des ehemals hohen Niveaus des öffentlichen Schulsystems, die schlecht geführte Einwanderungspolitik und das insgesamt steigende Gefühl der Verunsicherung. Hinzu kommt die weitgehende Störung des Wahlprozesses, indem die Verteilung von Stimmzetteln und Wahlmaterial an die Wahlbüros an private Firmen ausgelagert wurde.

Die Ergebnisse der ersten Wahlrunde zeigten zudem große Diskrepanzen zwischen „Meinungsumfragen“ und tatsächlichen Ergebnissen, was auf mögliche Manipulationsversuche hindeutet. In den letzten Monaten haben die Medien ein Duell Macron/Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2022 als beschlossene Sache dargestellt, was eine zweite Amtszeit für Präsident Macron bedeuten würde, da seit 2002 die einzige Möglichkeit, einen diskreditierten Politiker in Frankreich ins Amt zu bringen, darin besteht, ihn gegen das Feindbild Marine Le Pen antreten zu lassen. Bei den Wahlen am vergangenen Wochenende landete Macrons Partei LREM jedoch mit kaum 10 % auf dem letzten Platz der fünf großen Parteien, obwohl nicht weniger als 15 Minister und Staatssekretäre auf ihren verschiedenen Listen kandidierten! Le Pens Partei, Rassemblement National (ehemals Front National), von der einige erwartet hatten, daß sie in etwa 6 Regionen den ersten Platz belegen würde, erhielt 10 % weniger Stimmen als 2015. Auch die Ökologen hatten landesweit sehr hohe Erwartungen, die sich nicht erfüllten.

Die „Gewinner“ der Regionalwahlen waren häufig bisherige Amtsinhaber, sowohl von den konservativen Republikanern als auch von der Sozialistischen Partei, die von ihrer lokalen Basis wiedergewählt wurden.

Der Versuch, das alte „Le Pen gegen X“-Schema zu wiederholen, ist damit vor den Augen seiner Anstifter verpufft, wozu Jacques Cheminade mit dem Slogan „Weder Marine noch Manu, sondern ein freies Frankreich“ beigetragen hat. („Manu“ ist der Spitzname für Emmanuel Macron, während „Freies Frankreich“ sich auf die Notwendigkeit bezieht, die Werte des Widerstands gegen den Nationalsozialismus zu verteidigen.) Die Ergebnisse lassen Turbulenzen in Frankreich erwarten, da die Bedingungen, die die Enthaltung am 20. Juni verursachten, dieselben sind, die 2018 zum Aufstieg der Gelbwesten-Bewegung führten, auf deren Forderungen nie eingegangen wurde.

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