Neue Anti-Establishment-Partei in Italien gegründet

Selten in der Geschichte der modernen Demokratien sind etablierte Parteien so schnell gefallen und neue Parteien so schnell gewachsen wie heute. Die Situation kann mit der Zeit vor dem Schicksalsjahr 1933 verglichen werden, als auf die Krise mit zwei gegensätzlichen Wegen reagiert wurde: Hitler in Deutschland und Franklin D. Roosevelt in den USA. Heute wie damals ist das System an einem Punkt angelangt, an dem es nur mit diktatorischen Regierungsformen überleben kann oder einem neuen System weichen muß, das sich der Rettung der Bevölkerung statt der Oligarchie verschrieben hat.

So erleben wir, wie neue politische Akteure, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Programmen, plötzlich große Unterstützung in der Bevölkerung finden: ein Milei in Argentinien, ein Wilders in den Niederlanden oder eine Wagenknecht in Deutschland. Deren neue Partei wird landesweit mit 12% beziffert, noch bevor sie überhaupt gegründet wurde.

Ähnlich in Italien: Wenn die Regierung Meloni ihren politischen Kurs fortsetzt, werden die Italiener sie bei der nächsten Gelegenheit abwählen, zugunsten von Personen oder Parteien, die Veränderung versprechen. Vor diesem Hintergrund wurde auf einem zweitägigen Kongreß am 25.-26.11. in Rom eine neue Anti-Establishment-Partei vorgestellt, die über ein großes Wachstumspotential verfügt. Unter der Führung des ehemaligen Landwirtschaftsministers und früheren Bürgermeisters von Rom, Gianni Alemanno, kritisiert die neue Partei mit dem Namen „Unabhängigkeit“ die NATO-, EU- und öko-freundliche Politik der Regierung Meloni und steht den BRICS und der Gürtel- und Straßen-Initiative positiv gegenüber.

Die neue Partei verfolgt einen überparteilichen Ansatz und möchte die formale Links-Rechts-Spaltung überwinden. Ein besonderer Gast der Konferenz war der ehemalige Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Marco Rizzo. Mehrere Freunde des Schiller-Instituts ergriffen ebenfalls das Wort, darunter Nino Galloni, der über Währungssouveränität sprach, Maurizio Abbate, Vorsitzender des nationalen Kulturinstituts ENAC, und der Ökonom Michele Geraci. Die beiden letzteren wurden in das nationale Direktorium gewählt. Auch der Vizebürgermeister von Bethlehem (Palästina), Hanna Hanania, war anwesend.

Alemanno erläuterte, warum ein sog. „Rechter“ mit Ex-Kommunisten zusammenarbeitet: „Wir führen gemeinsame parteiübergreifende Kämpfe, wir müssen den Italienern die wahren Probleme vor Augen führen.“ Meloni und die Vorsitzende der Demokratischen Partei (PD) Schlein „sagen das gleiche über den Krieg und die Wirtschaft und streiten dann über Unsinn“, weil sie einen vereinigten Mainstream vertreten, „gegen den wir alle gemeinsam kämpfen müssen“.

Die neue Partei hat sicherlich weniger Unterstützung als Wagenknecht in Deutschland, aber auch Melonis 2013 gegründete Partei Fratelli d’Italia erreichte fast ein Jahrzehnt lang nicht mehr als 4%, bevor sie auf 26% anstieg und bei der Parlamentswahl 2022 stärkste Partei wurde, weil sie die einzige Oppositionspartei war. Die neue Partei „Unabhängigkeit“ ist nun ähnlich positioniert und hat das Ziel, die Opposition zum „vereinigten Mainstream“ anzuführen. Ihr Erfolg wird auch von der Wahl des Führungspersonals abhängen.

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