Macron weiter auf der Flucht nach vorn – diesmal mit Wahlen
Trotz des Rummels in Frankreich um den 80. Jahrestag der Normandie-Landung konnte Präsident Macrons Renaissance-Partei bei den Wahlen zum Europäischen Parlament am 9.6. eine krachende Ablehnung seiner Politik nicht verhindern. Wie erwartet, siegte die Partei von Marine Le Pen, Rassemblement Nationale (RN), mit über 31% – mehr als das Doppelte von Renaissance (14,6%). Aber auch auf der Linken lag seine Partei nur ganz knapp (0,8%) vor den Sozialisten, während La France Insoumise auf 9,9% und die Grünen auf 5,5% kamen. Den höchsten Anteil hatten mit 49% die Nichtwähler. Die Popularität des Präsidenten war seit Monaten auf dem Tiefpunkt, vor allem wegen seiner Wirtschaftspolitik, aber auch wegen seiner Unterwerfung unter die „regelbasierte Ordnung“ und Brüssel.
Obwohl die Europawahl in Frankreich traditionell eher eine Protestwahl ist, kündigte Macron nach Bekanntwerden des Ergebnisses an, daß die Nationalversammlung aufgelöst wird und am 30.6. und 7.7. Neuwahlen stattfinden. Macron kann jedoch unabhängig davon bis zum Ende seiner Amtszeit im April 2027 Präsident bleiben. Obwohl es bisher unwahrscheinlich schien, könnte RN die stärkste Partei im Parlament und ihr Vorsitzender Jordan Bardella Premierminister werden. Im Gegensatz zu den früheren Positionen von Le Pens Partei betont Bardella, daß er keinen Austritt Frankreichs aus der NATO oder dem Euro und schon gar nicht aus der EU anstrebt.
Wie Jacques Cheminade in einem Tweet am 9.6. hervorhob, war Bardella der erste, der Parlamentsneuwahlen forderte, und Macron kündigte sie an. Dies könne zu zwei Möglichkeiten führen, so Cheminade, entweder einer „gegenseitig zerstörerischen Kohabitation“ und/oder „einer noch föderalistischeren Ausrichtung mit einer ‚Meloni-sierung‘ Frankreichs“. Cheminade weiter: „Der Respekt, mit dem Macron Bardella bei den Gesprächen in Saint Denis begegnete und der, wie Bardella selbst einräumte, seiner Kampagne Glaubwürdigkeit verlieh, ist Anlaß zum Nachdenken. Was die echten Souveränisten betrifft, so sollten sie endlich die Lehre aus den Geschehnissen ziehen und sich jenseits von persönlichen Fragen und Etiketten zusammenfinden – auf der Grundlage eines Projekts, Frankreich von den finanziellen und kulturellen Besatzungsmächten zu befreien und sich auf internationaler Ebene für eine neue gemeinsame Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur einzusetzen, um mit der Aufrüstungsoligarchie zu brechen, die uns in einen Dritten Weltkrieg führt.“