Machen die BRICS Ernst mit einem entdollarisierten System?

Vor dem Hintergrund der Instabilität und Ungerechtigkeit des transatlantisch dominierten Finanzsystems veranstaltete der Moskauer Waldai-Diskussionsklub am 18.3. eine Diskussion über mögliche neue Abrechnungsmechanismen der BRICS. Ein Redner war der brasilianische Ökonom Paulo Nogueira Batista, Vizepräsident der Neuen Entwicklungsbank der BRICS von 2015-17, der aktiv an den Diskussionen über Entdollarisierung und eine neue BRICS-Währung beteiligt ist.

Es gebe eine „tektonische geopolitische und geoökonomische Verschiebung auf der Welt“, erklärte Nogueira. Das sei unvereinbar mit der „unbegrenzten Fortsetzung eines im Grunde unipolaren Weltwährungssystems“, daher stelle sich die Frage, was die BRICS tun können, um ein neues System zu schaffen. „Die ganze Welt schaut auf uns.“

In der Gruppe gebe es Fortschritte bei der Verwendung von Landeswährungen anstelle des Dollars bei bilateralen Transaktionen, was die politischen Risiken und die Transaktionskosten verringere. Dieser Entdollarisierungsprozeß habe jedoch „Grenzen, die nur durch die Schaffung einer gemeinsamen Referenzwährung überwunden werden können. Warum ist das so? Wenn es, wie üblich, bilaterale Überschüsse und Defizite gibt, werden die Überschußländer Währung der Defizitländer anhäufen. Diese Anhäufung ist möglicherweise nicht wünschenswert, wenn Zweifel an der Stabilität der Währungen der Defizitländer bestehen.“

(Eine Teillösung, auf die Nogueira nicht eingeht, wäre die Verwendung der Überschüsse für langfristige, produktive Investitionen im Defizitland; Rußland und Indien arbeiten schon daran. Aber damit hat man noch kein neues Finanzsystem.)

Nogueira erklärte weiter, die Überschußländer könnten Reserven in einer Referenzwährung akkumulieren, wenn es eine BRICS-Referenzwährung gebe, der alle vertrauen. Er betonte aber: „Bitte beachten Sie, daß ich nicht von einer Euro-ähnlichen Einheitswährung spreche! Das wäre unter den BRICS undenkbar. Die nationalen Währungen und Zentralbanken werden weiterbestehen und ihre üblichen Funktionen ausüben. Eine BRICS-Referenzwährung würde für internationale Transaktionen und als Reservewährung anstelle des US-Dollars und der anderen derzeitigen Reservewährungen verwendet.“

Eine Möglichkeit, die er ansprach und die auch russische Ökonomen vorschlagen, ist die Schaffung eines Währungskorbs ähnlich der IWF-Sonderziehungsrechte – vielleicht mit der Bezeichnung R5 (nach dem Anfangsbuchstaben aller fünf Währungen der ursprünglichen BRICS) -, der als Rechnungseinheit dienen könnte, wobei die Gewichtung auf der Größe der beteiligten Volkswirtschaften beruht.

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