Kinder in Gaza sind jetzt Polio-gefährdet
Während sich in Doha die Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand für den Gazastreifen hinziehen und die Biden-Administration aus innenpolitischen Gründen verzweifelt irgendeinen gesichtswahrenden Kompromiß sucht, leidet die palästinensische Bevölkerung weiter. Abgesehen von ein paar Krokodilstränen herrscht bei den europäischen Regierungen angesichts des Völkermords schändliches Schweigen.
Eine Studie in der renommierten britischen medizinischen Fachzeitschrift The Lancet vom 5.7. kam zu dem Ergebnis, daß seit dem 7. Oktober 2023 bis zu 186.000 Palästinenser gestorben sind, ausgehend von einer konservativen Schätzung von vier indirekten Todesfällen je direktem Todesfall durch israelische Bombardierung und Kampfhandlungen. Eine Hauptursache für die Sterblichkeit ist die Ausbreitung von Epidemien und Krankheiten bei einem völligen Zusammenbruch des Gesundheitssystems.
Sogar Kinderlähmung ist wieder zu einer sehr realen Bedrohung geworden, insbesondere bei Kleinkindern. Die Welthungerhilfe und UNICEF bereiten eine Impfkampagne vor, benötigen dafür aber mindestens eine siebentägige Kampfpause.
Nach einer neuen UN-Schätzung, über die Bloomberg News letzte Woche berichtete, ist der Gazastreifen inzwischen unter etwa 42 Millionen Tonnen Schutt begraben. Mehr als 70% der Häuser, Schulen und Krankenhäuser wurden beschädigt. Der größte Teil der Bevölkerung wurde vertrieben und muß in überfüllten, unhygienischen Flüchtlingslagern leben, wo sie trotzdem nicht vor israelischen Panzern und Bomben sicher sind. Das Gebiet um Chan Yunis, wo der größte Teil der Zitrusfrüchte des Gazastreifens wie Orangen und Grapefruits angebaut wurde, liegt unter schätzungsweise 8,5 Mio. t Schutt. Mindestens die Hälfte des Ackerlandes wurde zerstört, und nach Angaben der lokalen Wohltätigkeitsorganisation Juzoor, die mit Oxfam zusammenarbeitet, wird der Zusammenbruch der Landwirtschaft erst nach Jahren überwunden sein.
Berichten zufolge steht der Wiederaufbau des Gazastreifens in Doha auch auf der Tagesordnung. Doch angesichts der völligen Zerstörung und des tief verwurzelten Mißtrauens auf beiden Seiten braucht man für die gesamte Region einen völlig neuen Ansatz, der mit den „Spielregeln“ der Geopolitik bricht. Das tut der vom Schiller-Institut vorgeschlagene Oasenplan.