Kann Teheran aus der Rolle eines Bauern auf dem Schachbrett ausbrechen?

Seit israelische Raketen am 1.4. in flagranter Verletzung des Völkerrechts das iranische Konsulat in Syrien zerstörten, spekulierte die internationale Gemeinschaft über die Vergeltung der Islamischen Republik. Erst 12 Tage später – nachdem die USA und andere westliche Länder sich geweigert hatten, Israels Angriff zu verurteilen – kam der Vergeltungsschlag. Um die Opferzahl niedrig zu halten, informierte Teheran mindestens 72 Stunden zuvor mehrere Länder der Region, die wiederum die USA und Israel informierten. Angesichts des Umfangs von Irans Waffenarsenal war der Angriff eher zurückhaltend.

Dennoch haben die transatlantischen Mainstream-Medien ihn sofort als „unprovozierten“ Schlag mit dem Ziel der Vernichtung Israels hochgespielt. Die meisten erwähnten nicht einmal den Auslöser, nämlich die Zerstörung des iranischen Konsulats! Einer der Gründe für die Darstellung Israels als unschuldiges Opfer ist offensichtlich, die Aufmerksamkeit vom Völkermord der Netanjahu-Regierung in Gaza abzulenken.

Laut Medienberichten sagte US-Präsident Biden Premierminister Netanjahu, Washington werde keinen israelischen Gegenangriff gegen den Iran unterstützen, bekräftigte aber „Amerikas eisernes Engagement für Israels Sicherheit“. Bereits eine Woche zuvor hatte das Pentagon in Erwartung einer Ausweitung des Konflikts Flugzeuge und Raketenabwehrsysteme in die Region beordert. Es bleibt abzuwarten, wie und wann die israelische Regierung, die auf einer wilden Flucht nach vorne ist, eine neue Eskalation startet.

Einigen Militärexperten zufolge hat der Vergeltungsangriff gezeigt, daß der Iran erfolgreich den vielgepriesenen Schutzschild „Iron Dome“ (Eiserne Kuppel) über Israel durchdringen kann, obwohl auch das US-Zentralkommando sowie die britischen und französischen Streitkräfte Israels Abwehr unterstützten. Den Experten zufolge setzte Teheran Drohnen ein, um die israelischen Radarsysteme zu aktivieren; Marschflugkörper, um die Position der Abschußrampen zu ermitteln (und Israel zu zwingen, auf sie zu feuern); und ballistische Raketen, um mehrere Standorte zu treffen, darunter zwei Luftwaffenstützpunkte in der Negev-Wüste und israelische Luftabwehranlagen.

Der ehemalige Inspekteur der Internationalen Atomenergiebehörde Scott Ritter kommentierte dies auf seinem Substack-Blog: „Trotz eines umfangreichen integrierten Raketenabwehrsystems, bestehend aus dem sogenannten Iron Dome-System, Patriot-Raketenbatterien aus US-Produktion, Arrow- und David’s Sling-Abfangraketen, US-amerikanischen, britischen und israelischen Flugzeugen sowie US-amerikanischen und französischen Raketenabwehrsystemen an Bord von Schiffen, schlugen mehr als ein Dutzend iranische Raketen auf stark geschützten israelischen Flugplätzen und Luftabwehranlagen ein.“

Ritters Beitrag trägt den Titel „Die Raketen des April“, in Anlehnung an Barbara Tuchmans berühmte Studie über den Ersten Weltkrieg, The Guns of August. Das törichte, unaufhaltsame Abrutschen in den Weltkrieg im August 1914 hatte mehr als zwei Jahrzehnte zuvor begonnen, und genau wie heute behaupteten alle in den herrschenden Eliten, sie hätten es nicht gewollt.

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