Immobilienblase: eine Warnung und eine Lehre

Zwei Ereignisse in den ersten Wochen des neuen Jahres haben die Welt daran erinnert, daß die Finanzkrise von 2007-08 nie vorbei war und daß wir auf einem Vulkan sitzen, der jeden Moment ausbrechen kann: die neuerliche Krise von US-Regionalbanken und der Konkurs des chinesischen Mischkonzerns Evergrande. Beide Ereignisse haben eines gemeinsam: Sie hängen mit einer Immobilienblase zusammen – aber die Lehren, die daraus zu ziehen sind, sind ganz verschieden.

Die New York Community Bancorporation (NYCB) war eine der größten Banken der USA und einer der größten Kreditgeber im Großraum New York City. Am Ende des Geschäftsjahres 2023 beliefen sich ihre Bilanzsumme auf 116,322 Mrd.$ und ihr Eigenkapital auf 10,820 Mrd.$. Die Aktie des Unternehmens stürzte zuletzt um mehr als die Hälfte ab.

Die NYCB überraschte die Anleger am 31.1. mit schlechten Nachrichten, sie meldete Verluste und kürzte die Dividende. Ihr Problem unterstreicht die Krise bei regionalen Kreditinstituten, deren Geschäft mit Gewerbeimmobilien die Hochzinspolitik der Federal Reserve nicht überleben kann. Laut Statistik von Morgan Stanley entfallen 18% der gewerblichen Immobilienkredite in den USA auf Banken mit einem Vermögen zwischen 50 und 250 Mrd.$, weitere etwa 24% auf größere Banken, die restlichen 58% auf kleinere.

Die NYCB-Krise belastete alle Bankaktien an der Wall Street, weil das System so voller toxischer Vermögenswerte ist, daß schon das Ausfallrisiko einer kleinen bis mittelgroßen Bank das ganze Kartenhaus zum Einsturz bringen kann.

Nun zu China: Evergrande ist zwar der größte Immobilieninvestor in China, hat seinen Sitz aber auf den Cayman-Inseln. Mit über 300 Mrd.$ Schulden gilt der Konkurs nominell als der bisher größte überhaupt, und die Insolvenzverwalter müssen nun entscheiden, wer wieviel zurückerstattet bekommt. Die chinesische Regierung hat beschlossen, daß Kunden Vorrang erhalten, die Wohnungen gekauft haben, welche noch nicht fertig gebaut sind. Sie wird keine Liquidation zulassen, die eine Fertigstellung der Bauprojekte verhindert, die Onshore-Töchter bleiben in Betrieb.

Ein anderes Schicksal erwartet die Offshore-Gläubiger. 26% der Evergrande-Schulden, um 80 Mrd.$, sind Offshore-Schulden. Nach einer Einschätzung von S&P erhalten diese Gläubiger höchstwahrscheinlich nur 2,8% davon zurück.

Der chinesische Aktienmarkt ist zwar wegen des Evergrande-Konkurses rückläufig, aber er umfaßt nur etwa 60% des chinesischen BIP. Dagegen liegt das Verhältnis der Wall Street zum BIP der USA bei 150%.

Die offensichtliche Schlußfolgerung aus den beiden Fällen ist, daß das westliche, globale Finanzsystem der „Systemrelevanz“ folgt und Spekulanten schützt, während in China Unternehmen liquidiert werden können und die Spekulanten die Rechnung bezahlen. Die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft sind begrenzt, weil das Bankensystem mit einer Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken reguliert ist. Die Abschaffung dieser Trennung in Amerika und dann im ganzen Westen ist die Hauptursache für den Bankrott der Wall Street und des westlichen Bankensystems insgesamt. Es ist also höchste Zeit, die berühmte Glass-Steagall-Bankentrennung wieder einzuführen, bevor der Vulkan ausbricht.

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