Flanke gegen westlichen Finanzkrieg: Argentinien tritt den BRICS bei

In den frühen Morgenstunden des 24.8. rief der brasilianische Präsident Lula da Silva seinen Freund, den argentinischen Präsidenten Alberto Fernandez, aus Johannesburg an, um ihm hocherfreut mitzuteilen, daß Argentinien als eines von sechs Ländern eingeladen wurde, neues Mitglied der BRICS zu werden. Für den angeschlagenen argentinischen Präsidenten, dessen Regierung einem unerbittlichen Finanzkrieg sowie Drohungen und Erpressungen der US-Regierung ausgesetzt ist, kam dies völlig unerwartet. Zwei Tage zuvor hatten mehrere argentinische Zeitungen berichtet, die Frage der Mitgliedschaft stünde nicht einmal auf der Tagesordnung des Gipfels.

Um 8 Uhr Ortszeit wandte sich Fernandez an die Nation und erklärte: „Wir werden Protagonisten eines gemeinsamen Schicksals in einem Block sein, der über 40% der Weltbevölkerung vertritt. Weiterhin werden wir fruchtbare, autonome und vielfältige Beziehungen mit anderen Nationen der Welt stärken…, denn die BRICS sind eine neue Chance für Argentinien.“ In der Tat ist es eine neue Chance in der optimistischen Weltordnung, die gerade Gestalt annimmt. Lulas Rolle war dabei unverzichtbar. Seit seinem Amtsantritt zu Jahresbeginn kämpft er für Argentinien und prangert den IWF an, der dem Land mit seinen „erstickenden“ Auflagen das Messer an die Kehle setze.

Der IWF erpreßt Argentinien, seit es versucht, den grotesken 44-Mrd.-Dollar-Kredit neu zu verhandeln, den der Fonds dem letzten, neoliberalen Präsidenten Mauricio Macri 2018 gewährt hatte. Am 16.8. erklärte Finanzminister Sergio Massa, der auch Präsidentschaftskandidat der regierenden Koalition UP ist, gegenüber Reportern, daß der IWF als Bedingung eine drastische Abwertung des Peso um 20% (!) fordert. Als die Zentralbank die Abwertung sowie eine Zinsanhebung auf atemberaubende 118% ankündigte, brach wirtschaftliches Chaos aus.

Mit London und der Wall Street verbündete EU-Vertreter hatten Argentinien Mitte Juli gewarnt, es sei „nicht der richtige Zeitpunkt“, den BRICS beizutreten, dies wäre ein falsches Signal an Rußland und China zum Ukraine-Krieg. Am 17.8. zog Fernandez plötzlich und ohne Begründung seine Teilnahme am Gipfel in Johannesburg zurück.

Lula ließ sich nicht beirren. In seiner wöchentlichen Pressekonferenz am 22.8. in Johannesburg betonte er die Bedeutung von Argentiniens Beitritt. Brasilien könne ohne seinen Nachbarn „keine Politik der industriellen Entwicklung“ betreiben. Wenn Argentinien BRICS-Mitglied wäre, könne man dem Land helfen, weil die Gruppe „eine besonnenere, reifere und weniger pragmatische Strategie“ anbieten könne als „die von der derzeitigen regelbasierten Ordnung vorgeschlagene, die nur das Finanzsystem begünstigt“. Nach dem Gipfel traf Lula sich am 28.8. mit Massa in Brasilia, um über konkrete Vorschläge zur Stärkung des bilateralen Handels und zur Erleichterung von Kreditlinien für Infrastrukturprojekte in Argentinien zu sprechen.

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