Europa versinkt in der Kriegswirtschaft, die sozialen Proteste wachsen

In Frankreich und Großbritannien laufen seit dem Jahreswechsel große Demonstrationen und Streiks gegen die verschärfte Austerität, die mit dem Übergang zur Kriegswirtschaft in ganz Europa einhergeht. Ähnliche Proteste beginnen in Dänemark und in Deutschland.

In Frankreich richtet sich die stetig wachsende Bewegung, die laut Umfragen von zwei Dritteln der Bevölkerung unterstützt wird, konkret gegen die „Rentenreform“, die Präsident Macron und die Regierung unbedingt durchsetzen wollen (vgl. SAS 3/23). Während die Regierung verlangt, daß die Franzosen für den Anspruch auf volle Rentenleistung länger arbeiten, und die Energiepreise in die Höhe treibt. Emmanuel Macron kündigte am 20. Januar an, daß die Militärausgaben in den nächsten Jahren um mehr als ein Drittel erhöht werden sollen. Damit werde sich das französische Militärbudget bis 2030 seit seinem Amtsantritt 2017 verdoppelt haben, fügte er stolz hinzu.

Mehr als zwei Millionen Menschen schlossen sich am 31.1. in der einen oder anderen Form den Protesten an (laut der Gewerkschaft CGT sogar 2,8 Mio.), darunter 500.000 allein in Paris sowie Zehntausende in Dutzenden mittelgroßen Städten. Es kam zu erheblichen Verkehrsbehinderungen, drei Viertel der Züge außerhalb von Paris fielen aus. Nach Angaben der CGT streikten mindestens 75% der Beschäftigten in den großen Ölraffinerien und Treibstoffdepots von TotalEnergies, und die Kraftwerke mußten ihre Produktion drosseln, weil so viele Beschäftigte beim größten Stromversorger EDF streikten. Eine wichtige Lehrergewerkschaft berichtete, daß etwa 55% der Sekundarschullehrer nicht zur Arbeit erschienen. Das CGT-Blatt Unité kritisierte am 30.1. auch die Lieferung zusätzlicher Waffen von NATO-Ländern an die Ukraine. Der Kampf für Frieden in der Ukraine und gegen die militärische Eskalation sei „untrennbar mit unserem Kampf für sozialen Fortschritt in Frankreich verbunden“.

In Großbritannien hat die neue Regierung von Premier Rishi Sunak gerade erst mit der Erhöhung der Militärausgaben begonnen, nachdem sie die Steuern angehoben hat, während die Bevölkerung unter zweistelliger Inflation und Treibstoffmangel leidet. Nachdem das Unterhaus am 30.1. ein Gesetz über „Mindestdienst“ verabschiedet hatte, das Streiks verhindern sollte, legten über eine halbe Million Beschäftigte die Arbeit nieder (300.000 Lehrer, 100.000 Beamte, 100.000 Zug- und Busfahrer, 70.000 Universitätsmitarbeiter u.v.m.).

Rettungssanitäter und Krankenschwestern streiken seit Monaten immer wieder und planen eine Fortsetzung der Aktivitäten. Der Staatssekretär für Unternehmen und Märkte, Kevin Hollinrake, argumentierte am 30.1. gegen die Streiks, eine „inflationsangepaßte Lohnerhöhung um 11% für alle Beschäftigten des öffentlichen Sektors würde 28 Mrd. Pfund kosten“.

Diese Zahl sollte man in die richtige Perspektive rücken. Der frühere Premier Boris Johnson hat die Militärausgaben von 2019-22 um 24 Mrd. Pfund erhöht, und die derzeitige Regierung möchte sie bis 2030 um weitere 157 Mrd. erhöhen, eine jährliche Steigerung von 20 Mrd. Pfund, insgesamt 40%. Das liegt weit über den 11% „inflationsangepaßter Lohnerhöhung“, die Hollinrake so verurteilt.

Zum Vergleich: Der US-Militärhaushalt ist mit 847 Mrd.$ im Jahr gigantisch, gegenüber 772 Mrd.$ für alle anderen Haushaltsposten zusammen!

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