EU ist aufgerufen, in den Transafghanischen Eisenbahnkorridor zu investieren

Der Transafghanische Eisenbahnkorridor ist ein längst überfälliges Projekt, das die Wirtschaft Afghanistans auf eine neue Ebene heben könnte. Von Termes an der usbekischen Grenze, wo sich bereits ein Bahndepot befindet, soll die Strecke nach Masar-i-Scharif in der nordafghanischen Provinz Balch führen, dann weiter nach Kabul und von dort nach Peschawar im Nordwesten Pakistans. Dort könnte die Bahn an bestehende Strecken angeschlossen werden, über Islamabad nach Süden zu den Häfen von Karatschi und Gwardar am Indischen Ozean. So erhielten Afghanistan wie auch die zentralasiatischen Binnenländer Zugang zum Meer, und der Handel könnte stark zunehmen.

Aber das erfordert Investitionen. Als der Westen, allen voran die USA, vor gut einem Jahr abrupt abzogen, brachen sie alle Beziehungen zum Taliban-Regime ab, das die Macht übernommen hatte, und überließen das Land seinem Schicksal; Washington fror sogar schamlos die Guthaben der afghanischen Zentralbank ein. Heute ist die humanitäre Lage dort eine der schlimmsten der Welt. Es läge in Europas Interesse, das Projekt mitzufinanzieren. Ansonsten ist China der größte Investor in Verkehrs- und andere Infrastruktur in der gesamten Region.

Vor diesem Hintergrund haben zwei prominente Usbeken – Botschafter Ismatulla Irgaschew, Afghanistan-Sonderbeauftragter des Präsidenten, und der Vizechef der usbekischen Eisenbahngesellschaft Akmal Kamalow -, letzte Woche Europa besucht, um für ausländische Direktinvestitionen in die Transafghanische Eisenbahn (den sog. „Kabul-Korridor“) zu werben.

Kamalow stellte am 4.11. in Brüssel die bisherigen Fortschritte des Projekts vor, dessen Kosten auf 5,96 Mrd. $ geschätzt werden und dessen Bau fünf Jahre dauern würde. Die usbekische und die pakistanische Regierung unternahmen im Juli und August gemeinsame Vermessungen auf Teilen der Strecke, zu der fünf Tunnel gehören sollen.

Bezogen auf die Weigerung der westlichen Länder, mit den Taliban zu verhandeln, rief Irgaschew zu einem „kritischen und pragmatischen“ Dialog mit Kabul auf, so wie sein Land es bei Bemühungen um Hilfe für die unter Hunger und Kälte leidende afghanische Bevölkerung praktiziert. In seinen 30 Jahren Erfahrung mit Afghanistan habe er eine echte Veränderung bei den Taliban festgestellt. Dennoch müßten diese lernen, die Macht zu teilen, und das könne nur durch Dialog geschehen. Laut EU Reporter fügte er hinzu, die internationale Gemeinschaft habe die Pflicht, in Afghanistan dauerhaft Frieden zu schaffen.

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