EU-Hardliner sabotieren Initiative für einen EU-Rußland-Gipfel

In den frühen Morgenstunden des 25.6. wurde der deutsch-französische Vorschlag für einen EU-Gipfel mit Wladimir Putin vor allem von Polen und den baltischen Ländern vereitelt. Der Vorschlag war erst am 23.6. öffentlich gemacht worden, offenbar zur Überraschung der meisten anderen EU-Staaten. Angela Merkel erklärte am nächsten Tag in einer Bundestagsrede, sie begrüße zwar das Gipfeltreffen zwischen Präsident Biden und Wladimir Putin, aber die EU müsse ebenfalls Gesprächsformate
schaffen, und es gebe keinen anderen Weg, Konflikte zu lösen.

Polen und die drei baltischen Staaten sind damit nicht einverstanden. In der Abschlußerklärung des EU-Gipfels, die erst um 2 Uhr nachts verkündet wurde, versuchte man, die Kluft zu überspielen, indem neue Forderungen gestellt wurden. Man droht mit neuen Wirtschaftssanktionen, sollte Moskau weiterhin „bösartige, illegale und störende Aktivitäten“ betreiben, hieß es in der Erklärung. „Der Europäische Rat erwartet von der russischen Führung, daß sie ein konstruktiveres Engagement und politischen Einsatz zeigt und Aktionen gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten sowie gegen Drittländer einstellt.“

Nach dem Scheitern der Initiative von Präsident Macron und Kanzlerin Merkel sagte diese vor Reportern: „Ich persönlich hätte mir hier einen mutigeren Schritt gewünscht, aber so ist es auch gut und wir werden daran weiterarbeiten.“ Als Reaktion auf das EU-Kommuniqué stellte das russische Außenministerium fest, Europa sei „von Hardlinern in Geiselhaft genommen worden“.

Die Frage ist nun, was Frankreich und Deutschland angesichts der Niederlage ihres Vorschlags zum Dialog mit Rußland tun werden. Macron täte gut daran, zu entscheiden, daß Frankreich die Diplomatie mit Rußland eigenständig fortsetzt, zumal von der scheidenden Bundeskanzlerin keine großen Initiativen zu erwarten sind. Sollte jedoch im September der CDU-Kandidat Armin Laschet zum neuen Bundeskanzler gewählt werden, was zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich erscheint, so ist er Berichten zufolge viel offener als Merkel für eine Erneuerung der Zusammenarbeit mit Rußland.

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