Eine russische Sicht auf die letzten 30 Jahre

Der dritte Redner auf dem Podium war S.E. Ilia Subbotin, Gesandter-Botschaftsrat an der Botschaft der Russischen Föderation in Frankreich, zum Thema „Was Rußland wirklich in seinen Beziehungen zu Europa will: Frieden oder Krieg?“ Ausgehend von seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Diplomat in Europa während dieser Zeit ließ er die Geschichte vom Zusammenbruch der Sowjetunion und dem turbulenten Übergang in die postsowjetische Ära bis hin zu Rußlands aktueller Militärischer Sonderoperation in der Ukraine Revue passieren.

Der Westen habe den Kalten Krieg nicht „gewonnen“, wie US-Präsident George H.W. Bush behauptete, denn aus russischer Sicht habe Rußland ihn nicht „verloren“, sondern unter Michail Gorbatschow beendet. Die meisten Menschen in den ehemaligen Sowjetrepubliken wären damals gerne in einer neuen Union Teil der „westlichen Welt“ geworden. Aber trotz zahlloser Bemühungen der russischen Führung und insbesondere Präsident Wladimir Putins über einen Zeitraum von 30 Jahren sei jeder Ansatz zur dauerhaften Verbesserung der Beziehungen sabotiert worden, u.a. mit dem von westlichen Politikern und Nichtregierungsorganisationen geförderten und gesteuerten Maidan-Aufstand. Der Westen habe dann, wie Merkel und Macron inzwischen selbst zugeben, nie die Absicht gehabt, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen. Die Folge sei die gegenwärtige Situation, in der aus Botschafter Subbotins Sicht „die Militärische Sonderoperation zum gerechten und alternativlosen Schritt wurde, um die Sicherheit Rußlands zu gewährleisten und das russische Volk zu schützen, das das Kiewer Regime seiner Sprache, Religion, Kultur und Werte berauben wollte“.

Subbotin beendete seine Ausführungen mit der Feststellung: „Der Hegemon, der seine Vorherrschaft verliert, reagiert bösartig.“ Die multipolare Welt sei nun eine Tatsache, aber die europäischen Nationen müßten noch entscheiden, ob sie sich den neuen Zentren des Wirtschaftswachstums aus dem Globalen Süden anschließen werden. „Wenn und falls das geschieht, ist Rußland bereit zu einem für beide Seiten vorteilhaften Dialog auf Augenhöhe, der auf unseren grundlegenden Interessen beruht.“

Die erste Sitzung schloß mit Vorträgen von Rednern aus Indien, Italien, Deutschland und Frankreich, die sich damit befaßten, wie die europäischen Nationen sich mit dem Globalen Süden zusammenschließen können, um ein neues Paradigma zu schaffen.

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