Die Kriegspartei versucht, den strategischen Dialog mit Rußland zu verhindern

Nach der Provokation durch das Eindringen des britischen Marineschiffs HMS Defender in russische Hoheitsgewässer im Schwarzen Meer vor der Küste der Krim am 23.6. gab es ein Hin und Her zwischen den Verantwortlichen -britischen und amerikanischen Beamten -und der russischen Führung, was zeigt, wie anfällig die Fortschritte des Biden-Putin-Gipfels eine Woche zuvor sind. Die offensichtliche Absicht hinter der Provokation des britischen Kriegsschiffs war, das Potential für einen neuen strategischen Dialog zwischen den USA und Rußland im Gefolge des Gipfels zu sabotieren (vgl. SAS 25/21 u. 26/21).

Mit der HMS Defender wurde bewußt eine rote Linie überschritten, trotz des Geredes von einer „unschuldigen Durchfahrt“. Ein Sprecher von Premierminister Johnson gab sogar offen zu, man habe demonstrieren wollen, daß die Briten die Rückkehr der Krim zu Rußland nicht akzeptieren. Damit stellen sich die Briten hinter die erklärte Absicht des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, daß die Ukraine die Krim zurückerobert. Am Tag vor der Konfrontation hatten britische und ukrainische Vertreter ein Abkommen über Hilfen zur Aufrüstung der ukrainischen Marine, u. a. Bereitstellung von Rüstungsgütern und Bau zweier neuer Häfen, unterzeichnet – an Bord der HMS Defender!

Der Vorfall ereignete sich inmitten der NATO-Militärübungen „Europe Defender 21“, den größten in Osteuropa seit Jahren, und der Marineübung „Sea Breeze“ im Schwarzen Meer mit fast 30 beteiligten Ländern.

Der russische Präsident Putin bezeichnete die Fahrt der HMS Defender als „Provokation“, die „nicht nur von den Briten, sondern auch von den Amerikanern inszeniert wurde“, da US-Aufklärungsflugzeuge in dem Gebiet flogen, um zu beobachten, was Rußlands „Gegenmaßnahmen zu dieser Art von Provokation sein könnten“. Doch am selben Tag, dem 30.6., äußerte Putin in seinem jährlichen Dialog mit dem russischen Volk die Hoffnung auf „günstigere Beziehungen“ zu den USA. Und er sagte: „Die Welt verändert sich dramatisch. Die Zeit der unipolaren Welt ist vorbei.“

Nur zwei Tage zuvor hatten Putin und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping eine Vereinbarung zur Verlängerung ihres „Freundschaftsabkommens“ um weitere fünf Jahre unterzeichnet. Darin ist eine bilaterale Zusammenarbeit in wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Angelegenheiten sowie Verteidigung vorgesehen. Im russischen Bericht über das Abkommen heißt es: „Im Kontext zunehmender geopolitischer
Turbulenzen, der Demontage von Rüstungskontrollabkom men und eines erhöhten Konfliktpotentials in verschiedenen Ecken der Welt nimmt die russisch-chinesische Koordination eine stabilisierende Rolle im Weltgeschehen ein.“

Zu den von Biden und Putin vereinbarten Gesprächen im Rahmen des Strategischen Stabilitätsdialogs erklären beide Seiten, sie seien in Vorbereitung und würden im Laufe des Juli beginnen. Kreml-Sprecher Peskow mahnte am 4.7. zur Vorsicht, es handele sich nicht um einen „Dialog von Gleichgesinnten“, sondern eher um einen „Dialog von Menschen, die in vielen Fragen absolut gegensätzliche Positionen haben“.

Putins Vorwurf der US-Beteiligung an der Planung des Zwischenfalls im Schwarzen Meer trifft wahrscheinlich zu, aber die größte Gefahr für den Frieden besteht darin, daß US-Militär- und Geheimdienstkreise, die an solchen Planungen beteiligt sein mußten, weiter der britischen Geopolitik anhängen. Solange dieser Aspekt der „Sonderbeziehung“ nicht durchbrochen wird, bleibt die Gefahr bestehen, daß solche Provokationen zum großen Krieg führen.

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