Deutschland: mindestens 600 Mrd. Euro Infrastruktur-Investitionen fehlen

Eine gemeinsame Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat den dringenden Sanierungsbedarf der deutschen Infrastruktur errechnet. Die Studie im IMK-Newsletter 168 beziffert das Defizit bei den Infrastrukturinvestitionen auf mindestens 600 Mrd.€.

Als Zugeständnis an den grünen Kurs der Regierung soll etwa ein Drittel davon in Nachhaltigkeit und grüne Technologien fließen, zulasten der Investitionen in die klassische Schienen-, Straßen- und Wasserinfrastruktur. Doch trotz dieser Unzulänglichkeiten ist die Botschaft der Studie beeindruckend.

Der Betrag von 600 Mrd.€ teilt sich auf in: 127 Mrd. für die Verkehrsinfrastruktur (Schiene 59,5 Mrd., öffentlicher Nahverkehr 28,5 Mrd., Bundesstraßen und Autobahnen 39 Mrd.); 177,2 Mrd. für die städtische Infrastruktur (Straßen, Schulen, Wasser, Strom); 200 Mrd. sind allein für den Klimaschutz vorgesehen (Gebäudedämmung, Heizungen, sonstige Innovationen, darunter zig Mrd. für unproduktive Projekte wie Wind- und Solaranlagen).

Damit Deutschland diese enormen Summen, die nicht aus den regulären Haushalten kommen können, schultern kann, fordern die beiden Institute eine Reform der Schuldenbremse, damit der Staat Kredite dafür aufnehmen kann.

Zusätzlich hierzu wurde der enorme Investitionsstau im Wasserstraßennetz in einer von der CDU initiierten Anhörung im Bundestag am 13.5. thematisiert. Dort betonte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschiffahrt (BDB), Jens Schwanen, die Bedeutung der Binnenschiffahrt sei nicht hoch genug einzuschätzen, allein schon wegen der Mengen, die Schiffe bewältigen können. Großindustrie und Verlader wüßten dies, und nicht zufällig lägen wichtige Industrie- und Wirtschaftszentren an den Flüssen und Kanälen.

Der Streit gehe um maximal 15 wichtige Projekte, so Schwanen, und es sei eine Tragödie, daß die Regierung dafür nicht das Personal und die Mittel von nur 2,5 Mrd.€ pro Jahr bereitstellt.

Der Geschäftsführer von Contargo Waterway Logistics, Cok Vinke, erklärte, ohne die Binnenschiffahrt sei eine industrielle Produktion auf gleichbleibend hohem Niveau unmöglich. Daher sei ihr Erhalt, Aus- und Umbau eine lohnende Investition für die Gesamtwirtschaft.

Im Bahnbereich klagten Vertreter der Schweizer Bundesbahn vergangene Woche erneut über das Schneckentempo in Deutschland: Wenn die Projekte, vor allem auf den großen europäischen Nord-Süd-Strecken, nicht beschleunigt werden, werde die deutsche Verbindung zu den beiden großen Alpenübergängen Gotthard- und Brennertunnel nicht vor 2040-42 fertig.

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