Der Ursprung der „regelbasierten Ordnung“

Wenn der herzlose US-Außenminister Antony Blinken ständig durch die Welt jettet und von allen Staaten die Unterwerfung unter die anglo-amerikanische Fantasiewelt der „regelbasierten Ordnung“ fordert, ist ein kurzer Rückblick auf den Ursprung dieses Betrugs nützlich. Vieles davon geht auf die geopolitische Doktrin des Britischen Empire zurück, aber die aktuelle Version ist das Produkt einer Zelle von Neokonservativen, angeführt von britisch-imperialen neoliberalen Agenten der Universitäten von Chicago und Stanford, darunter langjährige Vertreter von Konzerninteressen wie Leo Strauss, Albert Wohlstetter und George Shultz. Eine Schlüsselfigur war Paul Wolfowitz, der in der Regierung von George Bush sen. Unterstaatssekretär für Verteidigung unter dem damaligen Minister Dick Cheney war. Das Gründungsdokument war 1992 ein verteidigungspolitischer Leitfaden (Defense Planning Guidance) als Strategie für die globale Vorherrschaft der USA nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Die Absicht wird schon im ersten Absatz deutlich:

„Unser erstes Ziel ist es, das Wiederauftauchen eines neuen Rivalen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo zu verhindern, der eine Bedrohung in der Größenordnung der früheren Sowjetunion darstellt. Das ist eine der wichtigsten Überlegungen, die der neuen regionalen Verteidigungsstrategie zugrunde liegen, und erfordert, daß wir uns bemühen, jede feindliche Macht daran zu hindern, eine Region zu beherrschen, deren Ressourcen unter einer konsolidierten Kontrolle ausreichen würden, um eine globale Macht zu schaffen.“

Die Formulierung wurde in der Endfassung etwas abgeschwächt, damit die imperiale Absicht nicht allzu offensichtlich war. Doch das Ziel war unverändert, daß eine einzige Hegemonialmacht die Welt regiert und die USA jedes Land – auch Verbündete – davon abzuhalten, „unsere Führung herauszufordern oder zu versuchen, die etablierte politische und wirtschaftliche Ordnung umzustürzen“. Dazu müßten die USA „die Mechanismen beibehalten, die potentielle Konkurrenten davon abhalten, eine größere regionale oder globale Rolle anzustreben“. Die USA könnten nicht der „Weltpolizist“ werden, hätten aber „die vorrangige Verantwortung“ für den Schutz „unserer eigenen Interessen“. Als oberstes Interesse wird der „Zugang zu lebenswichtigen Rohstoffen“ genannt. Dazu müsse sich die US-Strategie „jetzt darauf konzentrieren, das Entstehen eines potentiellen zukünftigen globalen Konkurrenten zu verhindern“ (Hervorhebung hinzugefügt).

Die politisch-wirtschaftliche Komponente war die Förderung „friedlicher Demokratien mit marktwirtschaftlichen Strukturen“, d.h. eine neoliberale internationale Ordnung. Diese sollte mit der militärischen Macht der USA durchgesetzt werden, während die NATO „als Hauptinstrument der westlichen Verteidigung und Sicherheit sowie als Einflußkanal für die USA und ihre Beteiligung an europäischen Sicherheitsangelegenheiten“ erhalten bliebe. Letzteres war ein voller Erfolg, die jüngsten Ereignisse wie der NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine und die Unterstützung von Netanjahus Völkermord in Gaza zeigen, daß kein Vasall in der EU oder NATO von der Politik des Imperiums abweicht.

Diese sog. „Wolfowitz-Doktrin“ hat den Westen in eine Abfolge endloser, teurer und erfolgloser Kriege verstrickt, von denen nur der Militärisch-Finanzielle Komplex profitiert. Doch die unipolare Ordnung gerät ins Wanken, wie die jüngsten Mißerfolge in der Ukraine und die Diskreditierung Israels und der Anglo-Amerikaner in Gaza zeigen. Und im Globalen Süden entsteht eine starke antikoloniale Bewegung, die nicht bereit ist, ein ungerechtes System aufrechtzuerhalten.

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