Daß USA/NATO einen Regimewechsel in Rußland wollen, ist kein Geheimnis

Präsident Bidens Bemerkung am 26.3. in Warschau über den russischen Präsidenten Putin – „Um Gottes willen, dieser Mann darf nicht an der Macht bleiben!“ – hat für viel Wirbel gesorgt. Mitarbeiter des Weißen Hauses bemühten sich umgehend, die Äußerung zurückzunehmen, und Biden selbst erklärte am nächsten Tag, er habe nicht zum Regimewechsel in Rußland aufgerufen. Einige Kommentatoren zitierten zusätzlich seine Bemerkung zwei Tage zuvor, wenn Rußland in der Ukraine chemische oder biologische Waffen einsetze, würden die USA „mit gleicher Münze“ antworten, und stellten fest, es sei problematisch, wenn nicht sogar gefährlich, wenn der Präsident solche Äußerungen macht.

Außenminister Blinken erklärte zu Bidens Aussage zum Sturz Putins: „Wir verfolgen keine Strategie des Regimewechsels in Rußland oder anderswo.“ In Anbetracht der zahlreichen US-geförderten Regimewechsel – im Irak, in Libyen und in der Ukraine sowie die Versuche in Syrien und Weißrußland – fällt Blinkens Dementi nicht ins Gewicht und entlarvt ihn in den meisten Teilen der Welt außerhalb der transatlantischen Medienblase nur als Lügner.

Noch freimütiger war ein Vorschlag von James Freeman aus der Redaktion des Wall Street Journal, der schon vor dem jüngsten Eklat (am 25.3.) geschrieben hatte, Biden „sollte versuchen, während einer internationalen Krise so wenig wie möglich in der Öffentlichkeit zu sagen“. Er räumte allerdings ein, daß es eigentlich keine gute Idee wäre, einem Präsidenten einen Maulkorb zu verpassen.

Der Präsident des Council on Foreign Relations, Richard Haass, kommentierte, der Versuch, den unverhohlenen Aufruf zum Regimewechsel zurückzunehmen, „wird wahrscheinlich nichts bringen. Putin wird es als Bestätigung dessen sehen, wovon er schon immer überzeugt ist.“ Zudem bestehe die Gefahr, daß Putin „einen Kompromiß ablehnt, eskaliert oder beides“.

Doch obwohl Haass mit seiner Interpretation eher ein „Realist“ ist, verfehlt auch er den Punkt. Bidens Kommentar, ob geplant oder spontan, beschreibt genau die Politik der USA und der NATO gegenüber Rußland und ist Teil des westlichen „Informationskriegs“. Solche Erklärungen haben wenig oder gar keine Wirkung auf die russische Führung, die weiß, daß der Westen seit mindestens 15 Jahren einen Regimewechsel anstrebt. Die Verweigerung ernsthafter Verhandlungen über die vom Kreml geforderten Sicherheitsgarantien, die Waffenlieferungen an die Ukraine, der Wirtschaftskrieg mit den Sanktionen sowie die Ablehnung jeglicher Deeskalationsversuche haben der russischen Führung deutlich gemacht, daß ihre Regierung im Visier der transatlantischen Falken ist. In der russischen Öffentlichkeit wird der wahrscheinlichste Effekt sein, die Unterstützung für Putin zu verstärken, da er als Verteidiger der Nation gegen Kräfte angesehen wird, die sie vernichten und demütigen wollen.

Das eigentliche Ziel dieser Informationskriegsführung ist die Bevölkerung des Westens, um sie auf die kommende Kriegswirtschaft vorzubereiten. Inflation, Energie- und Lebensmittelknappheit und allgemeine Austerität werden bequemerweise Putin angelastet, und riesige Staatsausgaben für einen Stellvertreterkrieg gegen Rußland werden scheinheilig als „notwendiges Opfer“ im Kampf gegen abscheuliche Autokraten und Kriegsverbrecher dargestellt.

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