China und das amerikanische Wirtschaftssystem

In einem Interview mit EIR und dem Schiller-Institut vom 20.12. gibt der Ökonom Justin Yifu Lin nützliche Einblicke in das Denken hinter Chinas Entwicklungspolitik, das sich in vielerlei Hinsicht mit Lyndon LaRouches Ansatz deckt. Justin Lin war 2008–12 Chefökonom und Vizepräsident der Weltbank und ist jetzt Dekan des Instituts für Neue Strukturökonomie sowie Dekan des Instituts für Süd-Süd-Kooperation und Entwicklung, die beide zur Universität Beijing gehören. Dr. Lin betonte zunächst, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den USA und China sei, um die zahlreichen Herausforderungen für die Menschheit wie die Pandemie, das Klima und den Kampf gegen die Armut zu bewältigen. Die zunehmenden Spannungen seien vor allem darauf zurückzuführen, daß China die USA als weltgrößte Volkswirtschaft nach Kaufkraftparität überholt hat, Washington aber die wirtschaftliche und politische Vorherrschaft aufrechtzuerhalten versucht, indem es Chinas Wachstum behindert und dem Land das Recht auf Entwicklung verweigert. Diese Strategie werde nicht nur scheitern, sie sei auch kontraproduktiv für das Wirtschaftswachstum in den USA selbst.

Dies führte zu einer Diskussion über den Unterschied zwischen dem britischen Freihandelssystem und dem Amerikanischen Wirtschaftssystem mit protektionistischen Maßnahmen, staatlich gelenkter Kreditvergabe und Forschung und Entwicklung in der Tradition von Alexander Hamilton und Friedrich List – und darüber, daß Chinas Wirtschaftspolitik heute diesem amerikanischen Modell viel näher steht als die Washingtons.

Lin erinnert daran, daß nicht nur „die USA ihre eigenen Industrien schützten“, um „aufzuholen und eine Produktionsmacht zu werden“, sondern auch Großbritannien, das vor dem 17. Jahrhundert versuchte, mit den Niederlanden gleichzuziehen, die einen fortschrittlicheren Wolltextilsektor und ein etwa 30 % höheres BIP hatten. Großbritannien habe ähnliche Strategien angewandt, um seine Textilindustrie zu schützen, indem es aus den Niederlanden Ausrüstung einschmuggelte und Handwerker abwarb. Dennoch beharrten heute sowohl Großbritannien als auch die USA darauf, daß alle nicht industrialisierten Länder Freihandel einführen müssen.

Auch heute fördere in den USA und Großbritannien der Staat aktiv Forschung und Entwicklung, um ihre Technologie weiter zu verbessern und „neue, höherwertige Industrien zu entwickeln“. Die Grundlagenforschung sei ein öffentliches Gut, das öffentliche Förderung braucht, während private Unternehmen es übernehmen können, auf der Grundlage von Durchbrüchen in der Grundlagenforschung neue Produkte zu entwickeln.

In dem Zusammenhang erwähnte Dr. Lin von sich aus den Gegensatz zwischen zwei historischen Traditionen in den USA: der von Alexander Hamilton und der von Thomas Jefferson.

Justin Lin versuchte während seiner Zeit bei der Weltbank, konfrontiert mit der vorherrschenden neoliberalen Orthodoxie, eine „Vermögensrechnung“ einzuführen, die im Gegensatz zur ausschließlichen Zählung von Geldwerten, wie beim BIP, die Bedeutung des Humankapitals und der Infrastruktur für eine Volkswirtschaft betont (vgl. SAS 50/21). Er stimmte zu, daß LaRouches Maß der „relativen Bevölkerungsdichte“ zur Bewertung realen wirtschaftlichen Fortschritts in die gleiche Richtung geht.

Insgesamt schlug Dr. Lin angesichts der Konvergenz der Ideen und Vorschläge vor: „Wir müssen uns zusammentun, um die richtigen Ideen vorzuschlagen, durch Ihr Institut und mein Institut, und sie mehr Menschen zu vermitteln.“ (https://larouchepub.com/other/interviews/2021/1228-justin_lin_hamiltonian_economics.html)

Print Friendly, PDF & Email